MGEN-Podcast Folge 16.06: Das hat alles nichts mit Religion zu tun!

Das MGEN-Team hat gepodcastet, unter anderem zu den folgenden Themen:

  • Katholische Bischöfe hetzen, ein Muslim macht ernst: Das Attentat von Orlando
  • Kreuze im Gerichtssaal: Österreich denkt nach
  • Papst wird gefeiert: Für das Vertuschen von Kindesmissbrauch „können“ katholische Bischöfe in Zukunft  „zum Rücktritt aufgerufen“ werden
  • Rote Karte: Papst hält die meisten kirchlich geschlossenen Ehen für ungültig
  • Die Nonne und der Bürgermeister: Kirchenprivilegien in den Medien
  • Es folgt ein Gottesbeweis: Die kosmologischen Argumente
  • Papst Franz und Kurienkardinal Robert Sarah geraten ins Hyperventilieren zum Thema Genderforschung; wir wundern uns, aber nur begrenzt

Der RSS-Feed für den Podcast findet sich hier. Die Folge lässt sich auch bei iTunes oder direkt bei Soundcloud anhören und auch als mp3 herunterladen. Falls ihr mögt, bewertet unseren Podcast doch dort. Fragen oder Anmerkungen könnt ihr unter diesem Post in den Kommentaren hinterlassen oder per EMail an mgenblog@gmx.de auf den Weg bringen.

Bananen-Mann so: „Ich habe vier unwiderlegbare Beweise für Gott!!“ – Nein, alle widerlegt!

Gestern hatten wir die „unwiderlegbaren Beweise“ für die Existenz Gottes von „Banana Man“ Ray Comfort veröffentlicht. Seine Argumente sind zugegebenermaßen eher doof – allerdings bekommt man auch von eigentlich cleveren und gebildeten Religionisten meist nichts Besseres zu hören. Eine Auseinandersetzung mit Rays Argumenten kann man daher als Mentalgymnastik ansehen, als Übung für den Fall, dass man auf der nächsten Party mit ähnlich zündenden „Beweisen“ konfrontiert wird.

“1. Schöpfung/Natur: Es ist wissenschaftlich unmöglich, dass die Natur sich selbst geschaffen hat oder ewig ist. (Siehe Römer, 1:18-20)”

Ray fischt hier gleichzeitig in den Gewässern der kosmologischen und der teleologischen Argumente. Beide bestehen hauptsächlich aus Argumenten aus der Ignoranz: „Ich habe keine Ahnung, wie der Kosmos/Bäume/Menschen entstanden sind, es muss also Jahwe gewesen sein“ – Ähm, nein.

Die Behauptung, das sei alles „wissenschaftlich unmöglich“, ist zudem eine Lüge: Ab dem ersten Auftreten primitiver, sich reproduzierender Eiweißmoleküle wird „die Natur“ durch die Prinzipien der Evolution äußerst schlicht und elegant erklärt, bis dahin helfen Physik und chemische Evolution weiter.

“2. Gewissen: Das Gewissen ist Gott-gegeben und hat die menschliche Gesellschaft geprägt. Wir können intuitiv Recht und Unrecht unterscheiden, so dass wir am Tage des Jüngsten Gerichts keine Ausreden haben (Siehe Römer, 2:14-15)”

Wer ganz allein auf einer einsamen Insel lebt, der braucht keine Moral. Moral (oder besser: Ethik) entsteht dort, wo Regeln für das menschliche Zusammenleben nötig werden. Die meisten sind ziemlich einfach: „Nimm mir nichts weg, dann nehme ich dir auch nichts weg“ oder „Wir kümmern uns alle gemeinsam um Oma, dafür passt sie auf die Kinder auf“. So ein System ist den Einzelnen oft lästig und daher ohne Unrechtsbewusstsein kaum aufrecht zu erhalten. Für das Überleben eine Gruppe ist daher eine unter- oder halbbewusste Überwachungsinstanz ein deutlicher Evolutionsvorteil. Die gewissenlosen Egomanen im Nachbartal sind einfach ausgestorben.

Nebenbei: Wer mit Hunden zusammen lebt, weiß, dass auch diese Rudeltiere ein rudimentäres Gewissen haben.

“3. Die Zehn Gebote: Durch die Zehn Gebote macht Gott uns auf seine Erwartungen aufmerksam, so dass wir die furchtbare Gefahr sehen, in der wir leben (Siehe Römer, 7:7-13)”

Die Zehn Gebote sind eine Sammlung aus kruder Selbstrechtfertigung eines eifersüchtigen und jähzornigen Gottes und bronzezeitlichen Rechtsnormen. Sie sind keinesfalls einzigartig oder auch nur besonders treffend formuliert. Moralisch sind sie auch eher fragwürdig: Sie drohen Abweichlern mit Sippenhaft, Sklaverei wird gut geheißen, und Frauen auf eine Ebene mit Vieh gestellt; Vergewaltigung und Völkermord wurden irgendwie vergessen. Konfuzius hatte um die gleiche Zeit eine deutlich knackigere Formulierung gefunden: „Was du selbst nicht wünschst, das tue auch anderen nicht an.“

“4. Bekehrungen: Gott beweist seine Existenz durch die Erweckung des Glaubens in den Menschen. (Siehe Johannes, 14:21)”

Dieser Satz ergibt etwas mehr Sinn, wenn man ihn invertiert: Die Menschen können sich  Jahwe und seine Gesetze auf keinen Fall selbst ausgedacht haben, sondern müssen von Jahwe selbst dazu inspiriert worden sein. Diese Behauptung entspricht genauer besehen dem Argument in 1: Die Dogmen der Religion sind eine Sammlung von Ideen, Ideen zu haben ist Teil der menschlichen Natur, und die Natur setzt laut Ray Comfort die Existenz Jahwes voraus. Oder kurz: Jahwe existiert, da Jahwe existiert. Nun ja.

Evangelikaler Prediger vs. Gesunder Menschenverstand: 0 – 4

Mal schauen: Von den vier völlig „unwiderlegbaren“ Beweisen bleiben nach sanftem Dagegenhauchen übrig: Null. Erstaunlich, dass es dem Mann gelungen ist, auf dieser Basis eine Firmengruppe zu gründen.

Ich wage folgende Hypothese: Kein einziger Mensch wurde zum Anhänger einer Religion, weil er von dererlei „hochkarätigen“ Argumenten überzeugt wurde. Stattdessen handelt es sich um nachträgliche Rationalisierungen des Unsinns, mit dem man als Kind indoktriniert wurde.