Darf man zwar Kirchen und andere verfasste Religionsgemeinschaften hinterfragen und kritisieren, den persönlichen Glauben von Menschen jedoch nicht? Ist Glaube an Götter, Dämonen, Einhörer und Feen irgendwie heilig und daher unantastbar?
Till hat sich mit dieser Sache beschäftigt und stellt die Ergebnisse seiner Überlegungen Martina und Oliver — und uns — vor. Es kann schon verraten werden: Denkt man etwas darüber nach, fällt die Antwort auf diese Frage nicht gerade schwer.
Links zu den drei Studien:
- https://hpd.de/artikel/religioese-menschen-sind-anfaelliger-fuer-verschwoerungstheorien-20189
- https://www.youtube.com/watch?v=JKf_2r7P6mA
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34647360/
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Habe mit Interesse eure Sendung zur Privatheit des Glaubens betont.
Hat mich an die Familie P. eines Schulkameraden von mir aus meiner Heimatstadt erinnert:
Der Schulkamerad hieß A. P. und sein älterer Bruder D. P. Beide hatten lange wallende Haare und hörten Heavy Metal. War eine sehr sympathische Arbeiterklassen-Familie.
Das letzte Mal sah ich D.P. und A.P. in den späten 90er Jahren als ich D.P. seinen Schlafsack abkaufte, der mich dann auf meine Reisen begleitete. D. war charismatisch, studierte Elektrotechnik und erzählte mir stolz, wie er auf einer seiner Reisen im Atlantik mit Walen tauchte. Er war völlig fasziniert von diesem Erlebnis und ich konnte ihn als Biologen sehr gut verstehen.
Später hörte ich, dass er Freikirchler geworden war. Der hat die gesamte Familie zu seiner Sekte umgedreht, Persönlichkeiten wie A. oder sein Verwandter ebenfalls mit uns befreundeter Verwandter G. veränderten sich vollständig und der Kontakt zu uns brach ab.
Meiner Meinung nach ging eine Gefahr von D. aus. Sein Glaube war manipulativ und mit seinem Charisma krempelte er alle um.
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Was ich noch vergessen habe: die P’s waren vorher eine erzkatholische Familie. Also hatten sie da überhaupt keine Widerstandskräfte, sie wurden einfach von den evangelikalen Freikirchlern übernommen.
Ähnliches spielt sich gerade in Brasilien hab, wo die Übertrittszahlen zu den Evangelikalen immens sind.
Wen D. beeinflusst hat, weiß ich leider nicht.
Auch in meiner Familie hatte wir so einen Fall. Nach einem schweren Schicksalsschlag konvertiert eine Cousine von mir nachdem sie von ihnen angesprochen worden war zu den Zeugen Jehovas. Sie hat sich in der Organisation hochgearbeitet und hat inzwischen eine leitende Funktion inne. Aber auch ihre Tochter ist lost und hat dieses Glaubenssystem unhinterfragt übernommen, hab sie kennengelernt als meine Mutter ihren 80. Geburtstag hatte und mich mit ihr unterhalten. Sie sehen das einfach als eine Wir gegen die Ungläubigen.
Also Till hat da völlig recht.
Auch Persönlicher Glaube kann sehr wohl Tragödien evozieren in seinem Umfeld.
Denke da nur an diesen Massenselbstmord dieser Jonestown-Weltuntergangssekte, die mich in meiner Kindheit fassungslos machte und sehr bewegte.
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Ich möchte meine Erfahrung zur ersten These mitteilen. Ich habe auch in meiner Verwandtschaft die Erfahrung gemacht, das eine Person religiös ist und nun nach und in den Verschwörungsglauben abrutscht. Eigentlich aus einer nicht religiösen Familie kommend (Geschwister nicht Religiös) fand die Person in einer schweren Zeit durch andere Personen zum Glauben (Trotz Mathe/Physik-Studium, für mich unverständlich). Seit Corona nimmt der Verschwöhrungsglaube gefühlt immer mehr zu. Postet per WhatsApp verschiedene Verschwöhrungsmythen zum Impfen/Klimaleugnung/5G etc. Wissenschaftliche Sachen oder vom ÖRR werden gefühlt zwanghaft hinterfragt (was ja teilweise i.O. ist) aber irgendwelche Share-Pics, die man nach 5min Googlen wiederlegen kann, werden geteilt.
Auch eine ehemalige Kommilitonin vom Studium die Religiös war ist nun „Geistheilerin“ und „Medium“
Das ist jetzt natürlich nur anekdotisch aber es erscheint für mich plausibel, dass wenn man einen scheiß glaubt, man auch an jeden anderen scheiß schneller glaubt
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Der sog. private Glaube ist sehr oft nur eine Vorstufe oder beliebige Variante zur Religion und daher natüriich genauso kritikwürdig und ohne falschen Respekt zu hinterfragen wie die Religion selbst.
Man kann auf jeden Fall feststellen, dass erst der Glaube an irgendetwas Transzendentes vorhanden sein muss, damit daraus eine Religion entsteht. Wenn Glaube ohne Religion bleibt, dann ist er relativ harmlos.
Lästig und meistens auch gefährlich wird er erst dann, wenn er sich organisiert und anfängt zu missionieren.
Im Übrigen würde ich Spiritualität ähnlich wie Glauben sehen. Denn bei Lichte betrachtet beruht beides auf die Realität ausklammernder Spekulation.
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Vielen Dank für diese interessante Folge. Für mich ist und bleibt die Essenz, dass ich jeden glauben lasse, was er möchte, hier aber auch meine Meinung dazu sage, wenn mich jemand von seinem Glauben überzeugen will.
Ich möchte kurz auf das Thema Montessori und Waldorf eingehen, da diese immer in einen Topf geschmissen werden – und dies teilweise zu meinem Bedauern auch selbst machen.
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, unsere Kinder auf eine Montessori-Schule zu schicken. Die Erfahrung zeigt, dass die Pädagogik unsere Erwartungen erfüllt. Wie bei jeder Interaktion ist hier natürlich die „menschliche“ Komponente entscheidend und es hängt davon ab, welche Haltung das Lehrpersonal den Kindern gegenüber hat. Leider ist die Esoterik-Dichte – zumindest bei den Eltern – sehr hoch. Das mag aber auch an der Region liegen. Die Pädagogik selbst ist unserer Erfahrung nach nicht „spirituell“. Es gibt die „kosmische Erziehung“ – klingt komisch, beinhaltet allerdings die Naturwissenschaftlichen Fächer ohne Schwurbel.
Die Waldorfpädagogik hingegen gibt sehr viel vor und ist sehr autoritär. Das sieht man in der Einstellung zum Kind, das ja aufgrund seines „Leibzustandes“ von vielen Sachen ferngehalten werden muss. Zudem basiert alles auf der Anthroposophie und den Hellsehungen von Rudolf Steiner. Kombiniert mit dem Glauben an Zwerge ist das wirklich schlimm. Wenn Ihr in das Nest stecht, werdet Ihr auch viel finden. 🙂
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Das, was Sie zu Montessori gesagt haben, kann ich unterstreichen. Meine Kinder waren auch in Montessori-Schulen. Das Montessori-Konzept hat nichts mit Esoterik, Religion oder sonstiger Spinnerei zu tun.
Das Motto dieses Bildungskonzepts lautet: Hilf mir, es selbst zu tun.
Waldorf-Pädagogik ist eine ganz andere Nummer.
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Du meine Güte,
selten sind Philipp Möller, Michael Schmidt-Salomon und die gbs so missverstanden worden wie von Till in dieser Folge 166.
Selbstverständlich hält die gbs nicht nur Glaubenskonzerne, sondern auch geäußerte Ansichten über Glauben – egal welcher Art – für kritikwürdig.
Was nach unserer Ansicht überhaupt nicht geht, sind Attacken ad hominem wie der Püschologe sagt. D.h. wer seinen privaten Glauben für sich behält, bleibt unbehelligt, wer seinen privaten Glauben in die Welt hinausposaunt, muss mit massivem Gegenwind rechnen.
Oder anders formuliert: Du bist kompletter Müll GEHT NICHT
Deine Ansichten zur Religion sind Unfug ist völlig ok.
Noch ein Wort zu absoluten Werten:
Sämtliche Naturkonstanten incl. der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum sind absolute unveränderliche Größen. Wäre es anders, hätten wir die Physik nicht verstanden und das wäre ähnlich bedauerlich wie wenn Homöopathie funktionieren würde.
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Im SZ Magazin 13/2023 ist ein interessanter Artikel, der auch etwas für Euch sein könnte? Er hat die Überschrift „Unter Heiden“.
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Mag sein, aber er liegt hinter der Bezahlschranke und ein Text, der damit anfängt dass der Autorjämmerlich beklagt: Diesen Text traue ich mich nur zu schreiben, weil ihn sowieso niemand liest. Ist doch heute so, dass man weghört oder aggressiv wird, wenn es um Glauben oder, noch schlimmer, die Kirche geht. Dass sich außer ein paar Zurückgebliebenen kein Mensch dafür interessiert. Dass man reflexhaft an fummelnde Priester denkt, und zwar ausschließlich. sagt mir schon, der Mann hat nichts verstanden.
Ja, man hört weg, wenn es um Glauben geht, wenn man nicht glaubt, aggressiv wird man erst, wenn jemand die arme, arme Kirche bedauert und es schlimm findet, dass denen niemand zuhören will.
Wir würden gerne zuhören, wenn die Kirche sich in den letzten 70 Jahren rückhaltlos zu ihren massiver Verfehlungen bekannt und die Gründe dafür auch abgestellt hätte. Aber was ist passiert?
Bis in jüngste Zeit haben sie geleugnet, vertuscht und Opfer drangsaliert. Jetzt, wo sie mit dem Rücken zur Wand stehen, wird das zugegeben, was nicht mehr zu leugnen ist.
Warum sollte man ihnen zuhören? Sie sagen doch ohnehin nur das, was wir sowieso schon wissen.
Soviel zur Kirche! Und was ist mit dem Glauben? Wen wundert es, dass er bestenfalls belächelt wird, wenn er öffentlich verkündet, dass er ein unsichtbares, unbelegbares Geistwesen, das gleichzeitig allwissend, allmächtig und allgütig ist, für einen integralen Bestandteil unserer Welt hält?
Es sind schon ungezählt viele für weniger verrückte Ideen in der Klapse gelandet. Die Gläubigen schützt nur ihre schiere Anzahl! Aber: sie werden rasant weniger …
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