MGEN 120: Martin Luther Superman – Tills Presseschau

Der Theologe und Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann hat eine Seite der FAZ  vollgeschrieben. In einem gewaltigen theologischen Bogen argumentiert er sich durch die Jahrhunderte, lässt links und rechts ratlose Historiker zurück und folgert schließlich, dass Martin Luthers Ablehnung des katholischen Priesterstandes der Grund ist, warum es der katholischen Kirche heute derart übel ergeht, während in evangelischen Kirche alles sorglos fluffig ist – Wait, what?

Till, Martina und Oliver sind sich nicht sicher: Können derart viele Verdrehungen, Missdeutungen und das Aufstellen haltloser Behauptungen noch Ungeschicklichkeit sein, oder verdreht der Autor — immerhin Kirchenhistoriker — die historische Wahrheit bewusst?

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MGEN-Überblick 03: Martin Luther und die Reformation

Die meisten Segmente des MGEN-Podcasts beziehen sich auf mehr oder minder aktuelle Nachrichten und können nach einer Weile getrost vergessen werden. Wir finden aber, dass einige Segmente auch jenseits der Nachrichtenlage interessant sein könnten. Darum haben wir beschlossen, solche Segmente nach Themen sortiert zu Übersichtsfolgen neu zusammen zu schneiden.

Im Herbst 2017 lagen sich in Deutschland Regierung und Kirchen jubelnd in den Armen. Nach zehn Jahren Feierprogramm, das die Steuerzahler immerhin eine flockige Viertelmilliarde Euro gekostet hatte, näherte sich die Luther-Dekade mit dem 500sten Jahrestag der Reformation ihrem Höhepunkt. Politik und Klerus feierten den „großen Deutschen“, als gäbe es kein Morgen mehr.

Ähnlich ausführlich befeiert wurde von Staat und Kirche in Deutschland auch schon Luthers 450ster Geburtstag. Von Kirchenseite erinnert man sich daran nicht mehr so gern. Es war 1933, und vom Dingsda selbst sind uns die Worte überliefert „Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen.“ EKD und Regierungsvertretern war 2017 offenbar egal, wen sie da feierten, und in wessen Gesellschaft sie dabei waren.

Segmente in dieser Folge:

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Martin Luther und die Schnullernazis

Endlich ist es da, das 500. Reformationsjubiläum, das Lutherjahr, Höhepunkt der Lutherdekade, ausgerufen von der Evangelischen Kirche in Deutschland, und bezahlt vom Steuerzahler mit einer flockigen Viertelmilliarde Euro. Überall wird er gefeiert, der „Star des ersten Medienzeitalters“, „Menschenfreund“ und  „Sprachgenie“ Martin Luther, ganz volkstümlich und inklusive Luther-Socken und Luther-Playmobilfiguren. Moment mal! — War Luther nicht ein widerlicher Antisemit, ein Frauenhasser, der vor der Obrigkeit buckelte und einfache Leute beschimpfte? Wissen viele Leute vielleicht gar nicht, wen sie da so frenetisch feiern? Für MGEN war diese Frage schon vor Monaten Anlass dazu Aussagen von Luther selbst zu sammeln, die er Zeit seines Lebens über Juden, Frauen, Behinderte und einfache Leute gemacht hatte. Zu dem entsprechenden Blogpost trudelten im Laufe der Zeit etwa 130 Kommentare ein.  Die Hälfte dieser Kommentare haben wir allerdings nicht freigeschaltet. Wieso?

Nun, der MGEN-Artikel mit Luthers Aussagen hat eine ganz besondere Gruppe Menschen angelockt: die Schnullernazis. Schnullernazis, das sind jene Rechtsradikale, die zwar ihre faschistischen Vorbilder bewundern, aber selbst das mit dem Dumpf-im-Kreis-Marschieren irgendwie nicht so recht auf die Kette bekommen, und daher in Mamas Keller sitzen und aus Frust hysterische Internetkommentare in den PC tippen. Diese Kommentare, in denen Luther gefeiert und seinen hasserfüllten Thesen zugestimmt wird, sind zum größten Teil so widerlich, dass wir sie nicht auf unserer Internetseite sehen wollten.

Hassprediger Martin Luther

Aber fangen wir am besten vorn an: Waren Martin Luthers Aussagen tatsächlich so schlimm, war er wirklich ein Hassprediger, hatte er nicht vielleicht einfach ab und an mal schlechte Laune, oder waren seine Aussagen irgendwie blöde Ausrutscher und für seine Zeit ganz normal?

Nun, Luther nannte jüdische Menschen „ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind.“ Er forderte über die Jahre immer wieder, „man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, … unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien“ und „ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“ Er warf „dem Juden“ vor Christen zu ermorden „wo er nur kann.“ Er warnt die Christen seiner Zeit, dass sie „keinen bittern, giftigern, heftigern Feind [hätten], als einen rechten Juden.“

Und wieder:

„Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich. Zum andern, dass man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre.“

Diese Aussprüche sind nicht etwa „bedauerliche Ausrutscher“, im privaten Kreis oder mit einem Humpen Wein zu viel intus. Luthers antisemitische Hetzschriften sind so umfangreich, dass die ins moderne Deutsch übersetze Studienausgabe (mitherausgegeben von den MGEN-Foristen Bernd Kammermeier und Karl-Heinz Büchner) in mehreren Bänden erscheinen muss. Luther hat ausführlich, öffentlich und über Jahrzehnte hinweg immer wieder gegen Juden gehetzt.

Weniger bekannt ist Luthers Hetze gegen die aufständischen Bauern, die sich in ihrer Not nach diversen Hungerwintern gegen die Knebelsteuern der Landesherren erhoben. Luther agitierte in Büchern und Pamphleten gegen die Aufständischen, die die Einhaltung grundlegender Menschenrechte forderten. Er hatte keinerlei Verständnis für die Nöte einfacher Leute, sondern war komplett auf der Seite der Obrigkeit, deren Privilegien er als gottgegeben ansah. Die Bauern, so Luther, mussten allesamt niedergemetzelt werden:

„Drum soll hier erschlagen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und daran denken, daß nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann als ein aufrührerischer Mensch.“

Luther war zu dieser Zeit bereits bekannt und einflussreich, seine Worte hatten Gewicht. Tja, so war er wirklich, der große Reformator und Menschenfreund.

Muss man noch extra erwähnen, dass die (echten) Nazis Luther super fanden? — Schließlich hatte er ja beträchtliche ideologische Vorarbeit für die eigenen antisemitischen Pläne geleistet. Exemplarisch hier der evangelisch-lutherische Landesbischof Martin Sasse aus Eisenach zur „Reichskristallnacht“:

„Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volk wird … die Macht der Juden auf wirtschaftlichem Gebiet im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf des Führers zur völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt.“

Zur gerne verleugneten Täterschaft der evangelischen Kirche empfehle ich das Buch „Jedermann sein Untertan — Deutscher Protestantismus im 20. Jahrhundert“ vom Historiker Dr. Karsten Krampitz.

Neonazis feiern Luther

Okay, Luther war also wirklich ein Hassprediger, ein Vordenker für die Faschisten, der im „Dritten Reich“ ausführlich gefeiert wurde. Wie äußern sich die Schnullernazis zu ihm?

„Luther war ein großartiger Mann. Heute bräuchten wir ihn – als Prediger gegen alles Linke, Zerstörende. […] Lieber noch die Ayatollahs als die linken Satanspäpste.“

In einem anderen Kommentar sehnt sich ein Schnullernazi einen weiteren Hassprediger herbei:

„Einen Luther bräuchten wir heute wieder: gegen Linke, Femastasen-Weiber und ausländische Invasoren.“

Nicht nur Luthers Antisemitismus, sondern auch sein Frauenbild wird geteilt, es werden sogar biologische Ursachen für deren vermeintliche Unterlegenheit ermittelt:

„frauen sind halt OHNE EIER GEBOREN, wobei man sich in dieser Situation schon eher einen ‚SAUDI-ARABISCHEN‘ Umgang mit Frauen wünscht, niemals das weibliche Geschlecht an irgendwelchen Machtpositionen zu setzen.“

Zuerst trudelten diese Hasskommentare nur vereinzelt ein, manche davon haben wir sogar exemplarisch unter dem Beitrag stehengelassen. Nachdem der Post im Kommentarbereich der Hetzpostille „Junge Freiheit“ verlinkt wurde, war die Welle des Hasses jedoch nicht mehr bewältigen. Dazu kam, dass einige Schnullernazis bemerkten, dass MGEN ein humanistischer Blog ist. Das mag er nicht, der Nazi:

„Der einzige Unterschied zwischen einem sog. Humanisten und einem Satanisten besteht bekanntermaßen darin, daß der Satanist weiß, für wen er arbeitet.“

Vom Humanismus im Speziellen kommt man auf „die Linken“ im Allgemeinen:

„Eine humanistische Welt haben wir schon – da der Linke die absolute Macht hat, aber absolut böse ist, sieht sie absolut danach aus – falls Sie mich verstehen.“

Nein, verstehen wir nicht. Aber keine Sorge, andere Schnullernazis erklären es gern:

„Links ist alles Egalitäre, Minderheitentümelnde, alle Rechte ohne Pflichten kurz: die Ermächtigung der Wertlosen, also der Verbrecher (durch lachhafte Strafen), der Frauen (des nachweislich dümmeren, körperlich und ethisch-moralisch minderwertigeren Geschlechtes), der Migranten (oder besser Invasoren, so daß man Linke als Verräter bezeichnen sollte) und und und.“

Oder, kurz: „Rechts ist richtig, links ist falsch. Linke zerstören, Rechte schaffen und erhalten.“ Und dann noch: „Und daß sich der Linke dabei noch toll vorkommt, beweist nur, daß er eine total böse, satanische, verderbte Lebensform ist, zu deren Vernichtung jedes Kampfmittel recht sein muß.“

Einige Schnullernazis geben sich betont belesen und intellektuell:

„Nur Menschen die die Geschichte nicht wahrhaft kennen und schon garnicht die jüdische Geschichte urteilt so leichtfertig über Luther oder auch Probleme des 20. Jahrhundert.“

„Martin Luther hatte eine Liebe zum Deutschen Volk und hat daher die Menschen und Christen vor den Machenschaften der Juden gewarnt. Aus dem Kontext geht hervor das er vor allem die Machtjuden meinte, die ganze Völker mit der Zinzknechtschaft belegten indem sie die Herschenden manipulierten.“

Eigentlich, so erfahren wir, war gar nicht das Deutsche Reich schuld am Ausbruch der Weltkriege, sondern „dä Jodn sälbo“:

„Ich empfehle jedem mal die Balfour-Deklarationen zu studieren, da wird klar wer für den 1. Weltkrieg und den ca. 15 Millionen Toten verantwortlich ist.“

Es folgen weitere antisemitische Verschwörungstheorien:

„Desweiteren hört und schaut Euch die Rede von Benjamin H. Freedman 1961 in Washington an. Freedman war jüdischer Geschäftsmann und Diplomat und bei allen Verhandlungen auch als man in Frankreich Deutschland zerfleddert.“

Jaja, so sind ’se, die Juden. „Da fängt man an zu verstehen warum Germanen unterschiedlich denken und empfinden!!!“

Zum Glück, beschließen die Neonazis, wird sich das Problem von selbst lösen:

„Die gesamte politische Linke wird eines Tages selbst in dem Feuer verbrennen, das sie entzündet hat, und alle, die das Strafgericht überleben, werden lebenslang Zwangsarbeit leisten müssen, um die Schäden wiedergutzumachen, die sie angerichtet haben.“

Falls (was selten vorkommt) ein Schnullernazi den Blogpost zurecht als Kritik am Vorbild Luther erkennt, scheut man auch vor (grammatikalisch fragwürdigen) Morddrohungen nicht zurück:

„Passen Sie bloß auf, wenn ich Sie mit einem rostigen Doseldeckel entmanne, nachdem ich seine Kinder vor seinen Augen erschossen habe.“

Nicht schön, aber immerhin fantasievoll. Und weiter ein Neonazi-Klassiker: „Vernichtet sie alle, Linke und Ausländer gleichermaßen.“

Nix gelernt: Christen feiern Martin Luther

Okay, so weit, so schlecht. Nazis sind halt, wie man weiß, scheiße. Da erwartet man eigentlich nichts anderes als das Teilen von Luthers Thesen. Deutlich erschreckender ist es, dass auch Durchschnittschristen Martin Luther immer wieder verteidigen.

„Jeder Mensch ist Sündhaft! Aber ist zu umgekehrt unf hat dadurch viel für mit den 95 Thesen getan!“

„Der Apostel Paulus war auch ein sehr gefährlicher Mann! Dennoch hat er durch den viele Bücher im geschrieben!“

Irgendwie alles nicht so schlimm, oder? Andere Christen weisen darauf hin, dass das bißchen Antisemitismus doch im Großen und Ganzen gesehen vernachlässigbar war:

„Verstehe sie nicht! Sie sind ein ignorant. Also weiter so? ‚Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.‘ Können ja Vorsitzender der Ablassorganisation werden.“

Aha. Ich muss zugeben, dass mir die Dichotomie „Entweder Judenhasser oder Katholik — Dann lieber Judenhasser!“ nicht ganz einleuchtet. Muss sie aber auch nicht, bin ja kein Christ. Über die Anhänger dieser Religion lernen wir mehr:

„Die lesen in der und informieren sich darüber! Wo wären wir heute, hätte nicht übersetzt?“

Dann hätte sie eben jemand anders übersetzt, du Nasenbär.

Auch Margot Käßmann, Luther-Botschafterin der EKD, arbeitet heftig an der Relativierung von Luthers Hasspredigten:

„Gleichzeitig will ich mal sagen, dass, wenn alles, was Männer heutzutage beim Stammtisch oder im Bierzelt sagen, 500 Jahre später zitiert wird, käme auch nicht sehr viel Schönes raus.“

Die „Männer am Stammtisch“ werden aber auch nicht quer durch die Medien und mit 250 Millionen Euro Steuermitteln jahrelang gefeiert, Frau Käßmann. Sehen Sie den Unterschied wirklich nicht?

Und zum Abschluss noch ein Klassiker des Abschüttelns unangenehmer Tatsachen:

„Prüfet alles und das Gute behaltet!😉“

Es war schließlich nicht alles schlecht damals, nicht wahr?

In die Tasche lügen: Evangelische Kirche feiert Martin Luther

Das, liebe evangelische Kirche, sind die Leute, die ihr anzieht, indem ihr den Hassprediger Martin Luther feiert. Und euch das auch noch vom Steuerzahler finanzieren lasst. Es reicht schließlich nicht aus, als Christ Luther einfach nur zu feiern – nein, alle anderen müssen unbedingt auch mitfeiern!

Liebe evangelische Christen, eine Bitte: Behauptet jetzt bitte nicht wieder, ihr hättet von nichts gewusst. Das glaubt euch nämlich wirklich niemand mehr.

In eigener Sache: MGEN bei Youtube

Unser MGEN-Podcast ist ja eher eine Magazinsendung, mit mehr oder minder aktuellen Segmenten zu Religion oder anderer Esoterik, zu gesellschaftlichen oder politischen Fragen aus atheistischer und humanistischer Sicht. Einige Ausschnitte sind möglicherweise jedoch nicht nur aktuell interessant, sondern auch von bleibendem (wenn auch zweifelhaftem) Wert. Daher haben wir begonnen nach und nach Ausschnitte aus unseren Podcast-Folgen freizustellen, mit Text- und Grafiktafeln zu versehen und als MGENBytes auf Youtube zu stellen. Voilà!

Ausschnitt aus MGEN-Podcast 2016.08: Heilige im Christentum

Ausschnitt aus MGEN-Podcast 2016.07: Kreationisten in Deutschland

Ausschnitt aus MGEN-Podcast 2016.05: Darf man Martin Luther feiern?

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Die systematische Abwertung der Frau im Christentum

Ab und an liest man tatsächlich, dass Jesus nicht nur im Alleingang die Nächstenliebe erfunden habe, sondern gleich dazu noch die Menschenrechte, und dass das Christentum quasi nebenbei auch die Frauen befreit habe. Ob bei den so Argumentierenden Dreistheit oder Dummheit am Werk ist, bleibt oft unklar.

Dass Frauen und Männer gleichwertig sind, das ist im christlichen Europa erst seit wenigen Jahrzehten überhaupt ein Thema. Bis vor ein oder zwei Generationen galt, dass in einer Ehe der Mann automatisch „Haushaltsvorstand“ war, und dass in der Gesellschaft allgemein ganz selbstverständlich die Männer das Sagen hatten – die Älteren werden sich erinnern. Dieses Geschlechterverhältnis ergab sich schließlich direkt aus der Bibel: In der Schöpfungsgeschichte wird die Frau erst nach dem Mann, und dann auch noch nicht eigenständig, sondern aus dessen Rippe geschaffen. Später ist die Frau dann dafür verantwortlich, dass die Menschheit aus dem Paradies geworfen wurde und – je nachdem, welche Christen man fragt – mit der Erbsünde auch dafür verantwortlich, dass unsere Leben endlich sind, dass alle Menschen sterben müssen und dann vom Gott ewig in der Hölle gefoltert werden. Kein Wunder, dass man solchen Menschen die Autoschlüssel und die Hausratsversicherung lieber nicht anvertraut.

Auch im Neuen Testament hält sich der angebliche „Frauenbefreier“ Jesus mit belastbaren Aussagen zum Thema zurück – offenbar war diese Sache für ihn dann doch nicht allzu wichtig. Das würde gut passen, denn für Rabbi Jeschua, falls es ihn denn gab, war gar nichts Weltliches wichtig. Seine an seine jüdischen Glaubensgenossen gerichtete Botschaft, da sind sich wissenschaftlich arbeitende Neutestamentler einig, war „Das Ende der Welt steht unmittelbar bevor, und dann wird Gott Jahwe kommen und auf der Erde herrschen! Folgt mir, denn in dieses Reich Gottes kommt ihr nur durch mich!“

Paulus von Tarsus, der eigentliche Erfinder des Christentums, war mit seinen Anweisungen an die christlichen Gemeinden allerdings sehr deutlich (1 Kor 11):

Ich lasse euch aber wissen, dass Christus das Haupt eines jeden Mannes ist; der Mann aber ist das Haupt der Frau; Gott aber ist das Haupt Christi.

Der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, denn er ist Gottes Bild und Abglanz; die Frau aber ist des Mannes Abglanz. Denn der Mann stammt nicht von der Frau, sondern die Frau von dem Mann. Und der Mann ist nicht geschaffen um der Frau willen, sondern die Frau um des Mannes willen.

Im Paulus zugeschriebenen Brief an die Epheser (Eph 5):

Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Gemeinde ist, die er als seinen Leib erlöst hat. Aber wie nun die Gemeinde sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen ihren Männern unterordnen in allen Dingen.

Und weiter (1 Tim 2):

Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung. Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann Herr sei, sondern sie sei still. Denn Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva. Und Adam wurde nicht verführt, die Frau aber hat sich zur Übertretung verführen lassen.

Dass im Mittelalter, als das Christentum Europa für flockige 1.000 Jahre im eisernen Griff hatte, die Frauen den Männern gleichberechtigt waren, möchte wohl niemand behaupten. Obwohl es doch damals, als das Christentum sich über lange Zeit ohne Wenn und Aber durchsetzen konnte, eigentlich ideale Zustände hätten herrschen müssen. Inbesondere auch hinsichtlich der Menschen- und Frauenrechte. Merkwürdig, oder?

Wie dem auch sei, auf das Mittelalter folgte die Renaissance, abgewürgt von der Reformation und den daraufhin ausbrechenden Dreissigjährigen Krieg. Und, hat die Reformation der feministischen Sache weiter geholfen? Nun, zumindest der deutsche Chefreformator Martin Luther war in mittlerweile bester christlicher Tradition ein ausgewiesener Frauenfeind:

Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.

Es ist ein arm Ding um ein Weib. Die größte Ehre, die das Weib hat, ist, dass wir allzumal durch die Weiber geboren werden.

Die Ordnung fordert Zucht und eher, dass Weiber schweigen, wenn die Männer reden.

Wenn also weder die Autoren des Alten Testaments (a.k.a. „Gott“), noch Jesus, noch Paulus, noch Luther die Abwertung der Frauen beendet haben, wer hat denn dann die Frauen befreit? Das ist erst passiert, als die Frauen Schleier und Kopftuch ab-, die Bibel weggelegt, und dafür das Heft selbst in die Hand genommen haben, und zwar im Rahmen der Aufklärung. Zwei Jahre nach der zuerst nur auf Männer zugeschnittenen Deklaration der Menschenrechte (nicht durch Jesus, sondern durch die französische Nationalversammlung) forderte Olympe de Gouges mit ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin im Jahr 1791 dieselben Rechte und Pflichten für Frauen ein. Der Weg war weit, fast zweihundert Jahre lang bremsten die in der christlichen Tradition verhafteten europäischen Gesellschaften den Fortschritt so gut wie es ging aus. In der Schweiz wurde das Frauenwahlrecht sogar erst 1971 eingeführt. Mittlerweile sieht es langsam, ganz langsam so aus, als würde die Religion in dieser Sache aufgeben: Viele Protestanten erkennen mittlerweile Männer und Frauen als gleichwertig an. Der aktuelle Streit um die Nicht-Zulassung weiblicher Diakoninnen zeigt zusammen mit der Noch-Nicht-Einmal-Diskussion um das rein männlich besetzte Priesteramt, dass es in der römisch-katholischen Kirche mit Gleichberechtigung noch nicht allzu weit her ist.

Kein im Geiste der Aufklärung denkender, humanistischer Mensch würde Frauen den Männern als nachrangig betrachten. Viele Religiöse tun das auf Basis ihrer Heiligen Schriften aber heute noch.

Die beschriebenen Bibelstellen wurden zusammengetragen von Heinz-Werner Kubitza für sein sehr schönes Buch „Der Dogmenwahn – Scheinprobleme der Theologie“.

Hassmensch Martin Luther: Geifernd gegen Juden, Frauen, Bauern und … eigentlich gegen alle

Die evangelische Kirche feiert mal wieder den Reformator Martin Luther. Und das nicht etwa ein Jahr lang – nein, das wäre viel zu wenig für den großen Mann – sondern gleich mit einem ganzen Jahrzehnt, der sogenannten Luther-Dekade. Dabei wird seit 2008 in jedem Jahr eine andere Facette des Werks des bedeutenden Kirchenmannes gefeiert, bis dann 2017 als Höhepunkt der 500. Jahrestag der Reformation selbst begangen wird. An eher unangenehme Zitate zu Juden oder Frauen erinnert man sich vielleicht vage. Aber vielleicht waren das ja nur einzelne Fehltritte, oder sie wurden dem Kirchenlehrer Luther irgendwie in den Mund gelegt. Es bietet sich an, mal etwas genauer zu schauen, wen die evangelische Kirche in Deutschland da so ausgelassen feiert. Am besten, indem man ein paar Zitate sammelt und den Helden der Reformation so selbst zu Wort kommen lässt …

Martin Luther: Die Juden sind unser Unglück! Synagogen abbrennen!

„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen…; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, … unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (…) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“ (Martin Luther: Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff)

„Wie es unmöglich ist, dass die Aglaster ihr Hüpfen und Getzen lässt, die Schlange ihr Stechen: so wenig lässt der Jüde von seinem Sinn, Christen umzubringen, wo er nur kann.“ (Martin Luther: Tischreden. Erlanger Ausgabe der Werke Luthers, Bd. 62, S. 375)

Im Lutherjahr 2017 wird Martin Luther auch von Rechtsextremen gefeiert. Eine kleine Umschau zu diesem Thema hier.

„Darum wisse Du, lieber Christ, und Zweifel nichts dran, dass Du, nähest nach dem Teufel, keinen bittern, giftigern, heftigern Feind habest, denn einen rechten Juden, der mit Ernst ein Jude sein will.“ (Martin Luther: Handbuch der Judenfrage, S. 182)

„Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich. Zum andern, dass man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben dasselbige darin, was sie in ihren Schulen treiben …“ (Martin Luther: Handbuch der Judenfrage, S. 233-238)

Passend dazu hier nicht Luther, sondern der evangelisch-lutherische Landesbischof Martin Sasse aus Eisenach zur „Reichskristallnacht“: „Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volk wird … die Macht der Juden auf wirtschaftlichem Gebiet im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf des Führers zur völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt.“

Martin Luther: Frauen sind Unkraut!

„Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.“ (Martin Luther: Werke. Weimarer Ausgabe, Bd 10/2, Weimar 1907, S. 296)

„Es ist ein arm Ding um ein Weib. Die größte Ehre, die das Weib hat, ist, dass wir allzumal durch die Weiber geboren werden.“ (Martin Luther: Von der Ehe, zit. nach Gesamtausgabe von Johann Georg Walch, Halle 1734, 22. Band, Kap. 43, §16)

„Die Ordnung fordert Zucht und eher, dass Weiber schweigen, wenn die Männer reden.“ (Martin Luther: Weimarer Ausgabe, VIII, S. 498, 12)

„Unkraut wächst schnell, darum wachsen Mädchen schneller als Jungen.“ (zitiert nach Arnulf Zitelmann, 1997, „Widerrufen kann ich nicht. Die Lebensgeschichte des Marthin Luther“, Beltz&Gelberg, S. 111)

„Eine Frau hat häuslich zu sein, das zeigt ihre Beschaffenheit an; Frauen haben nämlich einen breiten Podex und weite Hüften, daß sie sollen stille sitzen.“ (zitiert nach Arnulf Zitelmann, 1997, „Widerrufen kann ich nicht. Die Lebensgeschichte des Marthin Luther“, Beltz & Gelberg, S. 111)

Martin Luther: Tötet die Bauern!

„Steche, schlage, würge hie, wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen seligeren Tod kannst du nimmer mehr erlangen“. (Luther über die aufständischen Bauern, Weimarer Ausgabe 18, S. 357 f)

„Drum soll hier erschlagen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und daran denken, daß nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann als ein aufrührerischer Mensch; (es ist mit ihm) so wie man einen tollen Hund totschlagen muß: schlägst du (ihn) nicht, so schlägt er dich und ein ganzes Land mit dir.“ (Martin Luther: Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, zitiert nach Fromm, Erich (1985): „Über den Ungehorsam“, dtv München, S. 15)

Martin Luther: Wir brauchen Tyrannen!

„Es ist eine verdammte, verfluchte Sache mit dem tollen Pöbel. Niemand kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die sind der Knüppel, der dem Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf bessere Art zu regieren sein, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie gesetzt haben als das Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an, was für Kinder es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn sie es zu tun wagten. “ (Martin Luther: Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können, 1526)

Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein. Das wusste Gott wohl; drum gab er der Obrigkeit nicht einen Fuchsschwanz, sondern ein Schwert in die Hand. (Martin Luther: Wider die Bauern, 1525)

Martin Luther: Tötet den Papst!

„Der Papst ist der Teufel; könnte ich den Teufel umbringen, warum wollte ich´s nicht tun?“ (Martin Luther, Zwo harte ernstliche Schriften Doct. Martini an den Christlichen Leser, 1518, Tomos 1, Punkt II., S. 24 b)

„So wir Diebe mit Strang, Mörder mit Schwert, Ketzer mit Feuer strafen, warum greifen wir nicht viel mehr an diese schädlichen Lehrer des Verderbens als Päpste, Kardinäle, Bischöfe und das ganze Geschroürm (= Geschwür) der Römischen Sodoma mit allerlei Waffen und waschen unsere Hände in ihrem Blut …?“ (Martin Luther: Zwo harte ernstliche Schriften Doct. Martini an den Christlichen Leser, 1518, Tomos 1, Punkt II., S. 24)

Fazit: Luther war ein geifernder Hassmensch

Kurz: Der von der evangelischen Kirche in Deutschland ein ganzes Jahrzehnt lang eifrig befeierte Reformationsheld Martin Luther war ein bösartiger, hasserfüllter Mann, geifernd gegen Frauen, Juden, Bauern und einfache Leute. Der Hassprediger war sogar für damalige Verhältnisse reaktionär, stand zu Gewalt und Mord aufrufend auf Seiten des Adels und der Obrigkeit. Nur eine einzige Person hasste Luther noch viel mehr als alle anderen – und zwar den Papst!

Warum die ach so progressive evangelische Kirche diesen widerlichen Mann, der u.a. den Nazis als Stichwortgeber diente, nicht kritisch aufarbeitet – oder zumindest in altbekannter Manier unauffällig unter den Tisch kehrt – das bleibt völlig unklar. So eine abscheuliche Person über ein Jahrzehnt lang zu feiern … echt jetzt?

Die Mehrzahl der Zitate wurde zusammengetragen von www.projektwerkstatt.de.

Ausschnitt aus der MGEN-Podcast-Folge 2016.05 zum Thema: