MGEN 131: Die Unterscheidung der Geister

Manchmal denkt man einfach so vor sich hin und hat eine Idee, stimmt’s? „Nein“ sagt der Papst und mit ihm die katholischen Bischöfe und der Jesuiten-Orden. Ideen können zwar von der denkenden Person selbst stammen, aber genauso gut von Gott — oder dem Teufel. Um auszuschließen, dass der böse Geist Entscheidungen von Papst und Bischöfen beeinflusst, hat der Jesuiten-Orden ein todsicheres Verfahren zur Gedankenanalyse entwickelt: Die „Unterscheidung der Geister“.

Oliver hat sich durch seitenweise theologisches Geschwafel gewühlt, stellt uns das Jesuiten-Verfahren vor und findet Beispiele für seine Anwendung. Es stellt sich heraus: Ja, die Kirchenfürsten glauben wirklich, dass ihre Ideen und Gedanken von Gott und Teufel stammen, und treffen Entscheidungen zur Zukunft der Kirche und ihres Riesenvermögens auf Basis der „Unterscheidung der Geister“.

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MGEN 128: Das Ende der christlichen Mehrheit – Tills Presseschau

Die FAZ ist nicht glücklich. Gegen Ende des Jahres 2021 stellten die in den Großkirchen organisierten Christen zum ersten Mal nicht mehr die Mehrheit der deutschen Bevölkerung. Um zu retten, was zu retten ist, gibt die FAZ eine breit angelegte Allensbach-Umfrage in Auftrag und sucht in den Ergebnissen nach Lichtblicken: Ja, viele Deutsche singen immer noch Weihnachtslieder. Ja, mehr Deutsche glauben an Engel als an Gott (?). Einige Deutsche glauben sogar, dass Jesus der „Sohn Gottes“ sei. Aber alles in allem, konstatiert die FAZ, ist das Christentum auf dem absteigenden Ast: Zuerst verlieren die Menschen den Glauben an die christlichen Geschichtchen und Regeln, dann die Kirchenmitgliedschaft und schließlich die christlich-kulturelle Prägung.

Till und Oliver machen einen Sekt auf.

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MGEN-Überblick 04: Mutter Teresa

Die meisten Segmente des MGEN-Podcasts beziehen sich auf mehr oder minder aktuelle Nachrichten und können nach einer Weile getrost vergessen werden. Wir finden aber, dass einige Segmente auch jenseits der Nachrichtenlage interessant sein könnten. Darum haben wir beschlossen, solche Segmente nach Themen sortiert zu Übersichtsfolgen neu zusammen zu schneiden.

Es ist wirklich erstaunlich, dass Religionen immer wieder ausrechnet die widerlichsten Leute auf ihren Schild heben und als moralisches Vorbild propagieren.

Im Sommer 2016 hat die RKK Agnes Gonxha Bojaxhiu, besser bekannt als Mutter Teresa, der Todesengel von Kalkutta, zur Heiligen erklärt. In der europäischen Presse erhob sich darauf ein beispielloses Breitband-Gejubel. Mutter Teresa, die durch raffinierte Propagandakampagnen als Verkörperung der Guten sprichwörtlich geworden ist, war allerdings bei etwas genauerem Hinsehen für vieltausendfaches, unnötiges Leid und Elend verantwortlich. Der Kirche war das egal, solange die riesigen Spendensummen reibungslos flossen und die positive Botschaft der Marke Mother T intakt blieb.

Diese Überblicksfolge enthält drei Segmente zum Thema Mutter Teresa: Zuerst schauen wir uns genauer an, was ein Heiliger überhaupt sein soll. Dann berichten wir über das Leben von Mutter Teresa und über den gewaltigen Schaden, den sie in Indien und anderswo angerichtet hat. Schließlich schauen wir uns beispielhaft an, wie gute Christenmenschen auf die sehr, sehr spärliche Kritik an der Mutter-Teresa-Jubelei reagierten – nämlich durch absurde Beschimpfungen und Beleidigungen.

Segmente in dieser Folge:

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MGEN-Podcast 36: Neues Format; Hörer beschimpfen Podcaster, Sonderedition Judentum

Willkommen zu Man Glaubt Es Nicht!, dem Podcast über Religion und andere Esoterik, zu gesellschaftlichen und politischen Themen aus atheistischer und humanistischer Sicht. Die aktuelle Folge findet ihr weiter unten in diesem Artikel, per RSS, Spotify, iTunes oder SoundCloud.

Wir haben beschlossen in Zukunft vom starren Show-Format abzusehen und die Hauptsegmente – in der Regel wöchentlich – einzeln zu veröffentlichen. Gebt Bescheid, wie es euch gefällt.

Unser Thema in dieser Episode:

  • Einleitung: Es möge ein neues Format geben
  • Hörer beschimpfen Podcaster, Sonderedition Judentum: Christentum doch nicht antisemitisch; Österreichische Namen; Thesen zu den Seevölkern; Befördern jüdische Geschichten Antisemitismus?

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Ein Jahr Bodycount des Friedens: 2.644 Tote und 3.105 Verletzte durch religiös motivierte Gewalt

Als Reaktion auf die islamistischen Attentate im Frühsommer 2016, insbesondere in Orlando, Nizza und Istanbul, haben wir im MGEN-Podcast damit begonnen Opfer von religiös motivierter Gewalt zu zählen. Seit dem Beginn unserer Zählung mit dem Massenmord im Nachtclub Pulse in Orlando, Florida am 12. Juni 2016 bis einschließlich dem Selbstmordanschlag der Taliban auf eine Polizeistation in Gardez, Afghanistan am 18. Juni 2017 kommen wir auf einen Bodycount des Friedens von 2.644 Todesopfern und 3.105 Verletzten durch religiös motivierte Gewalt.

Zu viele um auf einzelne Attentate detailliert eingehen — aber zumindet durch das Aufzählen der jeweiligen Opferzahlen in unseren Podcast-Folgen wollten wir den Finger an die Hutkrempe legen und die für Religion ermordeten Menschen ein letztes Mal grüßen. Die Zahlen sollten eine Motivation für alle Menschenfreunde sein sich gegen den hasserfüllten Wahn der Religion und für aufgeklärte Rationalität einzusetzen.

Wir haben zugegebenermaßen sehr oberflächlich gezählt: Manchmal haben wir ein paar Tage lang nicht nachgeschaut, und falls es ein Attentat nicht auf die Titel der Nachrichtenseiten geschafft hat, haben wir es im Zweifel übersehen. Und selbst dann wurde bei großen Massakern mit vielen Todesopfern über die Zahl der Verletzten gar nicht erst berichtet. Der Bodycount des Friedens ist also deutlich geringer als die tatsächlichen Opferzahlen.

Das Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv ist wissenschaftlich vorgegangen und hat im Rahmen seiner Terror und Gewalt-Studie festgestellt, dass das Jahr 2016 die bislang höchste Opferzahl bei Selbstmordattentaten aufweist: Im Jahr 2016 kamen  5.650 Menschen bei solchen Aktionen ums Leben, 9.480 wurden verletzt. In 2015 wurden 4.330 Menschen bei 452 Anschlägen ermordet, 8.800 erlitten Verletzungen. 

Bei all den vielen Todesopfern wirkt das immer und immer wieder vorgebrachte Argument der Gläubigen wie zynischer Hohn: Die Religion ist eine Kraft des Guten in der Welt. Sie gibt uns Halt und macht uns froh.

Der Bodycount des Friedens 12. Juni 2016 — 18. Juni 2017

Orlando am 12. Juni 2016 (49 Tote und 50 Verletzte), Istanbul (36 Tote und 147 Verletzte), Bagdad (250 Tote und ungezählte Verletzte), Nizza (84 Tote und 300 Verletzte), Wuerzburg (5 Verletzte), Kabul (81 Tote und 230 Verletzte), Bagdad, 14 Tote und 30 Verletzte (24. Juli), Ansbach, 15 Verletzte (24. Juli) Rouen, 1 Toter, 1 Schwerverletzte (26. Juli), kurdische Stadt Kamischli, 56 Tote und 160+ Verletzte (27. Juli), 2 Verletzte in Charleroi (6. Aug), 70 Tote, 200+ Verletzte in Quetta, Pakistan (8. August), 9 Verletzte in St. Cloud, Minnesota (17.09.), 29 Verletzte in New York (17.09.),  gescheiterte Attentate in Seaside Park, New Jersey (17.09.) und Elizabeth, New Jersey (18.09.), 5 Tote in Burlington, Washington State (24.09.), 1 Toter in Amman, Jordanien, 2 Verletzte in Brüssel (5.10.), 29 Tote, 20+ Verletzte in Atmah, Syrien (6.10.), 5 Verletzte in Istanbul (6.10.), 2 Tote und 4 Verletzte in Jerusalem (9.10.), ein Mann totgeprügelt weil er an eine Kirche gepinkelt hat in Freiburg (21.10.), 3 Tote bei Geisteraustreibung in Myanmar (23.10.), 27 bis 55 Tote in Bagdad (15.10.), 3 Tote und 8 Verletzte in Gaziantep, Türkei (16.10.), 46 Tote und 133 Verletzte in Kirkuk, Irak (21.10.),  284 Männer und Jungen in Mossul (23.10.), 60+ Tote in Quetta, Pakistan (24.10.), 12 Tote in Mandera, Kenia (25.10.), 26 Leute entführt und umgebracht, Ghor, Afghanistan (26.10.), 230 Ermordete in Mossul, Irak (28.10.), 29 Verletzte bei einem Taliban-Attentat gegen das deutsche Konsultat in Masar-i-Scharif, Afghanistan (10.11.), 45 Tote und Dutzende Verletzte bei einem Attentat auf einen Sufi-Schrein in Khuzdar, Pakistan (12.11.), 30 Tote und 45 Verletzte bei Attentat auf Hochzeitsfeier in Falludscha, Irak (17.11.), 100+ Tote bei IS-Attentat auf Pilger in Hilla, Irak (24.11.), 11 Verletzte bei Angriff mit einem Schlachtermesser auf Ohio State University in Columbus, Ohio (28.11.), 30 Tote und Dutzende Verletzte in Madagali, Nigeria (Boko Haram, 8.12.), gescheitertes Attentat in Rotterdam, „Isis flag, Kalashnikov and explosives“ (9.12.), 30 Menschen getötet und 48 verletzt in Mogadischu, Somalia (11.12.), 25 Tote und 49+ Verletzte in Kairo, Ägypten (11.12.), 9 Tote und 27 Verletzte in Kerak in Jordanien (18.12.), 49 Tote und mehrere Dutzend Verletzten (18.12.) Aden, Afghanistan, 3 Verletzte beim Attentat auf eine Moschee in Zürich (19.12.), 12 Tote und 50 Verletzte in Berlin (19.12.), 11 Tote und Dutzende Verletzte über Weihnachtstage in Bagdad, Irak, 28 Tote und Dutzende Verletzte in Bagdad, Irak (31.12.), 39 Tote und 69 Verletzte bei einem Anschlag auf einen Nachtclub in Istanbul, (31.12.), 32 Tote und 60+ Verletzte in Bagdad (2.1.), Tote und 19 Verletzte bei Attentat auf Moschee in Quebec (29.1.), 1 Verletzter beim Angriff in Paris, Frankreich (3.2.), 11 Tote und 60 Verletzte in Lahore, Pakistan (13.2.), 83 Tote und 250 Verletzte in Sehwan, Pakistan (16.2.), 45 Tote und 49 Verletzte in Bagdad, Irak (16.2.), 35 Tote und 40+ Verletzte in Mogadischu, Somalia, Verdacht: Shebab-Miliz (19.02.), 42+ Tote in Al-Bab, Syrien (24.2.), ca. 40 Tote in Homs, Syrien (25.2.), 1 Mann umgebracht auf den Philippinen von der radikalislamistischen Terrorgruppe Abu Sayyaf (26.2.), mind. 16 Tote und 44 Verletzte bei Taliban-Attentaten in Kabul, Afghanistan (1.3.), 30 Tote und Dutzende Verletzte in Kabul, Afghanistan (8.3.), 46 Tote und 120 Verletzte in Damaskus, Syrien, bei Attentaten auf schiitische Pilger, zwei Transgender Leute totgeprügelt (in Polizeigewahrsam) in Saudi-Arabien (Bericht am 15.3.), ein Verletzter bei einem Attentat auf Polizisten und Soldaten am Flughafen Orly in Paris, Frankreich (18.03.), 4 Tote und 40 Verletzte in London, UK (22.3.), gescheiterter Anschlag in Antwerpen, Belgien (23.3.) 20 Tote und vier Verletzte bei Attentat auf Sufi-Schrein, Punjab, Pakistan (2.4., “Haupttäter habe erklärt, die Opfer seien nach ihrer Folterung „spirituell gereinigt“ worden”), 3 Leute totgeschlagen (in Polizeigewahrsam) und 100-200 “verschwunden” in Tschetschenien wg. “des Verdachts nicht traditioneller sexueller Orientierung” (3.4.), 5 Tote und 14 Verletzte in Stockholm, Schweden (7.4.), 34 Tote und mind. 60 Verletzte bei Bombenanschlägen auf Kirchen in Tanta und Alexandria, Ägypten (9.4.), 1 Toter und 3 Verletzte bei IS-Attentat auf das Katharinenkloster, Agypten (19.4.), 3 Tote in Frenso, Californien (19.4.), 1 Toter und 2 Verletzte in Paris, Frankreich (20.4.), Taliban: 140 Tote und 160 Verletzte bei Angriff auf Militärmoschee in Masar-i-Scharif, Afghanistan (22.4.), 37 Tote bei IS-Selbstmordanschlag auf Flüchtlingslager in Hasakeh, Syrien (2.5.), eine Frau auf Scheiterhaufen verbrannt worden um Teufel auszutreiben durch christlichen Priester, Nicaragua (Bericht am 3.5., Tat schon im Feb), 25 Tote und 35 Verletzte in Belutschistan, Pakistan (12.5.), islamistischer Neonazi bringt zwei christliche Neonazifreunde um, weil er “wütend über deren antiislamische Vorurteile” ist, Tampa, Florida (19.5.), 22 Tote und 59 Verletzte bei Nagelbombenanschlag auf Popkonzert für Kinder in Manchester, UK (22.5.), 26 Tote und 25 Verletzte bei einem Attentat auf einen Bus mit koptischen Christen in der Nähe von Kairo, Ägypten (25.5.), 2 Tote und 1 Verletzter bei Messerattacke auf “muslimisch aussehende Frauen” in Portland, Oregon (26.5.), ein kleiner Junge gestorben, weil Eltern systematisch Antibiotika verweigert haben und stattdessen Homöopathiekügelchen gegeben haben, Cagli, Italien (28.5.), 27 Tote und mind. 100 Verletzte bei Bombenattentat in Bagdad, Irak (30.5.), 90 Tote und 463 Verletzte bei einem Selbstmordanschlag der Taliban in Kabul, Afghanistan (31.5.), 20 Tote und 119 Verletzte bei drei Selbstmordanschlägen auf die Trauerfeiern der Opfer vom letzten Anschlag, Kabul, Afghanistan (3.6.), 7 Tote und 48 Verletzte bei Angriffen auf ausgehende Leute am Samstagabend in London, England (3.6.), 1 Toter und 4 Verletzte bei einer Geiselnahme in Melbourne, Australien (5.6.), ein Verletzter bei einem Angriff mit einem Hammer, Paris, Frankreich (6.6.), 20+ Tote und 35+ Verletzte bei Attentat der Terrormiliz al Shabaab in Mogadischu, Somalia (14.6.), 4 Tote und 8 Verletzte bei Angriff auf eine schiitische Moschee in Kabul, Afghanistan (15.6.), 20 Tote und 8 Verletzte bei einem Selbstmordanschlag der Taliban in Gardez, Afghanistan (18.6.).

Insgesamt ergibt sich ein Bodycount des Friedens von 2.644 Toten und 3.105 Verletzten durch religiös motivierte Gewalt.

 

35 Gottesbeweise geprüft: Alle falsch!

Im Laufe von vier Jahren haben wir in diesem Blog 35 angebliche Beweise für die Existenz von Göttern, insbesondere für die Existenz des jüdisch-christlich-islamischen Bibel-Gotts Jahwe, näher betrachtet. Diese Argumente werden von Theisten immer wieder vorgebracht um die Korrektheit ihres Glaubens und ihrer Religion zu beweisen. Auf Basis dieser „Beweise“ sehen die Religionisten sich als Hüter ewiger Wahrheiten und Wahrer der „Gesetze Gottes“, die sie nicht nur selbst befolgen, sondern auch – mit struktureller Gewalt über Normen und Gesetze, oder im Zweifel auch mit Macheten und Sprengstoffgürteln – der gesamten Gesellschaft aufdrücken wollen.

Diese „Beweise“ sind jedoch Illusion, kein einziges Argument ist schlüssig. Es gibt im Gegenteil durchaus solide Ansätze (hier und hier), die beweisen, dass zumindest Bibel-Gott Jahwe nicht wie behauptet existieren kann, die abrahamitischen Religionen also ohne jede Faktenbasis sind.

Eigentlich ist dazu alles gesagt. Die religiösen Argumente wiederholen sich, und mit ihnen die dahinter stehenden unwahren Behauptungen und logischen Fehler. Lohnt sich die Mühe auch noch einen vierzigsten und fünfzigsten „Beweisgang“ anzuschauen?

Hier sind die betrachteten Gottesbeweise im einzelnen, lose geordnet nach Typ des zentralen Arguments:

Wer ist Christ?

Woran erkennt man eigentlich Christen? An welchen Glaubenssätzen oder Handlungsweisen kann man festmachen, ob jemand zu dieser Religionsgemeinschaft gehört oder nicht? Wie kann man Christen von „Irr-“ oder „Falschgläubigen“ unterscheiden? Dazu muss es doch eindeutige Unterscheidungsmerkmale geben, oder?

In der letzten Folge unseres Podcasts hatten wir uns ein wenig darüber lustig gemacht, wie wenige „echte Christen“ es gibt. Wir haben frech behauptet, dass man als „echter“ Christ …

… an den dreifaltigen Gott glauben muss, an die Sechs-Tage-Schöpfung, die Jungfrauengeburt, Himmel und Hölle als physische Orte, und sich ernsthaft an alle biblischen Gebote des christlichen Gottes halten muss, Troddel an die Jacke machen, immer einen Spaten dabei haben und alle Ehebrecher, Blutwurstesser und Astrologinnen im Namen des allgütigen Gottes sofort totschlagen – und währenddessen noch jederzeit vollkommen barmherzig zu sein hat.

Nur zur Klarstellung: So kann man natürlich nicht ernsthaft argumentieren, denn sonst sitzt man dem Kein Wahrer Schotte-Fehlschluss auf. Als Atheist bekommt man den Schotten oft im Kontext einer Reductio ad Hitlerum um die Ohren gehauen: “Der Hitler war kein Christ sondern Atheist, genau wie du!” – “Hitler war sein Leben lang Katholik.” – “Ach was, er war kein wahrer Christ! Er hat doch so viele schreckliche Dinge getan.”

Die Frage aber bleibt: Woran erkennt man denn nun einen Christen? Es gibt Hunderte von aktiven christlichen Konfessionen, dazu Tausende bereits ausgestorbene Glaubensrichtungen. Die Lehren sind grundverschieden und schließen sich gegenseitig aus: Viele glauben an die Existenz eines Gottes, manche an zwei, andere an drei. Der Bibelwissenschaftler Bart Ehrman schreibt in seinem Buch Lost Christianities von frühen christlichen Konfessionen, die an zwölf oder 365 verschiedene Götter glaubten. War Jesus ein Mensch oder ein Gottoder vielleicht beides zugleich? Man streitet erbittert. War er physisch in Galiläa unterwegs oder eine zeitlos-mythische Gestalt? Und wie rettet Jesus denn nun die Christen? Muss man durch gute Taten glänzen, durch Mission an Heiden oder Juden – oder hilft das alles nichts: Ein Christ muss nur ganz fest Jesus‘ Menschenopfer als Ausgleich für die eigenen Sünden akzeptieren und schon ist das ewige Leben sicher. Muss man vielleicht sonntags im Kreis zu sitzen und zu Gitarrenmusik „Danke für meine Arbeitsstelle“ singen? Oder reicht sogar getauft werden schon aus? Muss man überhaupt gerettet werden? Und wenn ja, wovor? Von der ewigen Feuerfolter in der Hölle? Vor dem Tod generell? Oder vor dem schlichten „Getrenntsein von Gott“?

Quer durch die Geschichte streiten die Konfessionen verbittert, sprechen sich gegenseitig das Christsein ab, und massakrieren sich (und andere) im Namen ihres allgütigen und liebenden Gottes. Für Außenstehende wirkt das alles verwirrend, undurchsichtig und auch komplett beliebig, die Stimmung wird angesichts all der Todesopfer auch nicht besser.

Ich sehe zwei Möglichkeiten zu beurteilen, ob ein Mensch Christ ist oder nicht:

  • Ein Christ ist jemand, der sich selbst als Christ bezeichnet. Das wäre wohl ein soziologischer Ansatz, in etwa entsprechend dem -buh!- genderwissenschaftlichen Grundsatz „Eine Person teilt der Gesellschaft ihr soziales Geschlecht mit, die Gesellschaft oktroyiert das soziale Geschlecht nicht der Person auf.“ Für Außenstehende mit wenig Ambitionen zu fortgeschrittener Hermeneutik ist dies sicherlich der einfachste Ansatz: Jaja, du bist Christ, nächstes Thema!
  • Ein Christ ist jemand, der Jesus in irgendeiner Form als seinen Retter ansieht. Dieser Ansatz nimmt zumindest einen minimalen theologischen Grundkonsens an und dürfte damit eine ganze Reihe von Religionisten ausschließen – möglicherweise sogar die Mehrheit der Mitglieder der EKD.

Beide Beurteilungsweisen dürften vielen Christen nicht wirklich schmecken. Sind sie nicht ziemlich beliebig, bleiben dabei nicht auch die Mitglieder der Konfession X an Bord, die ich so gar nicht mag? – Ja, nun, stimmt. Eure Religion ist halt enorm breit gestreut und kann sich kaum auf gemeinsame Inhalte einigen. Aber bitte deswegen nicht gleich wieder einen Glaubenskrieg anfangen!

Euer Gott kann uns gar nix!

Liebe Atheisten und andere Jahwe-Ungläubige,

von höchster Stelle haben wir bei MGEN soeben die Versicherung erhalten, dass die meisten von uns gegen die Macht der wilden Bibel-Gottheit Jahwe immun sind, und wir uns daher nicht vor Blitz, Donner und ewiger Höllenfolter zu fürchten brauchen. Denn (Richter 1.19):

Und der HERR war mit Juda, und er nahm das Gebirge in Besitz. Aber die Bewohner der Ebene waren nicht zu vertreiben, weil sie eiserne Wagen hatten.

Zumindest diejenigen von uns, vor deren Haus ein eiserner Wagen steht, sei es VW, Opel oder ein Japaner, sind also vor dem Zorn des Gottes sicher. Und die anderen können sich bestimmt beim Herannahen der Apokalypse noch schnell ein Mietauto sichern.

Videotipp: The God Who Wasn’t There

Eine Stunde Zeit? Dann schnell die Popcornmaschine angeworfen, auf dem Sofa niedergelassen und „The God Who Wasn’t There“ angeschaut.

Der US-amerikanische Dokumentationsfilm (englisch, ca. 60 Minuten) von Brian Flemming untersucht, ob der bejubelte Jesus von den Ur-Christen als realer Mensch im historischen Palästina angesehen wurde, oder ob sie ihn vielmehr als eine mythische Gestalt verstanden – wie etwa Dionysos, Herkules, Horus und andere Göttersohne. Die Behauptung, Jesus sei ein real existierender Mensch gewesen, der in Palästina um die Zeitenwende gelebt habe, sei erst viel später im Rahmen einer systematischen Umdeutung der Legende entstanden. Der Apostel Paul, der maßgeblich für die Verbreitung des Christentums über die Grenzen Palästinas gewesen sei, habe Jesus noch eindeutig als mystische Gestalt wahrgenommen – die von Flemming vorgebrachten Stellen aus den Apostenbriefen hierzu sind durchaus beeindruckend.

Flemming wundert sich darüber, dass viele Christen zwar die vermeintlichen Kernglaubenssätze kennen, aber über Ursprung und Verbreitung ihrer Religion kaum etwas wissen. Er kritisiert sowohl das „moderate Christentum“, dessen Glaubenssätze mit der Bibel kaum mehr zu rechtfertigen seien (hier fallen Parallelen zu den deutschen Durchschnittsprotestanten auf, die sich die ihrer Meinung nach maßgeblichen Bibelstellen nach gusto zusammen suchen und anderswo auf der Welt kaum als Christen erkannt werden dürften), als auch die fundamentalistischen Vertreter, deren Weltsicht beherrscht wird von Blutdurst, Folter, Höllendrohungen und Menschenopfern. Über die diversen Folterskandale US-amerikanischer Machart wird sich nach dem Anschauen des Films kaum mehr jemand wundern.

Fazit: Ein unterhaltsamer Film über die Ursprünge des Christentums und deren systematisches Verbiegen durch heutige Christen. Wer Religulous“ mochte, dem wird auch „The God Who Wasn’t There“ gefallen.

 

Der Körper-Seele-Dualismus: Keine Seele, keine Kekse

Die Sinnhaftigkeit des Christentums (und anderer Religionen wie des Islams oder des Buddhismus) steht und fällt mit dem Körper-Seele-Dualismus, also der Annahme, dass ein wesentlicher, geistiger Teil des Menschen den Tod des Körpers überlebt. Ohne diese Seele gibt es kein Leben nach dem Tod, also kein jüngstes Gericht, also keine Angst vor der ewigen Feuerfolter in der Hölle, also keine Notwendigkeit einer Erlösung von dieser Folter, also keine Notwendigkeit für einen Erlöser, also keinen Christus, also kein Christentum, also keine Kirche, und damit auch keine Pfründe für die Kirchenoberen. Oder, aus Sicht der Priester: Keine Seele, keine Kekse.

Für die Existenzberechtigung der Priesterschaft ist die Aufrechterhaltung der Idee eines Körper-Seele-Dualismus also von extrem hoher Bedeutung. Seelen sind praktischerweise unsichtbar, unmessbar, und daher ist die Annahme ihrer Existenz auch so gut wie unwiderlegbar. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass es über die bloße Behauptung hinaus auch keinerlei Hinweise auf ihre Existenz geben kann. Im Gegenteil: Sämtliche Beobachtungen und Versuche (mit Sterbenden, Schlaganfallpatienten, Unfallopfern, etc.) deuten ganz klar darauf hin, dass das Bewusstsein und die Persönlichkeit eines Menschen emergente Eigenschaften seines Gehirns sind, also eine Art übergeordnetes Muster, das sich durch das elektrische und biochemische Zusammenwirken der Gehirnzellen bildet. Funktioniert das Gehirn nicht mehr, weil es z.B. aus Sauerstoffmangel stirbt, existiert auch der Geist nicht mehr. Dies stimmt auch für einzelne Hirnregionen: Erkrankt bei einem Patienten der präfrontale Cortex, kann sich die Persönlichkeit stark ändern, obwohl die betroffenen Eigenschaften klassischerweise der ewigen Seele zugeordnet werden. Oder, kurz: Für eine unsterbliche Seele ist kein Platz.

Natürlich kann man trotzdem weiter die Existenz einer Seele behaupten – insbesondere, wenn für die Behauptenden so viel auf dem Spiel steht. Hinweise auf ihre reale Existenz gibt es aber nicht. Und daher auch keine Gründe an sie zu glauben.