Der Gottesbeweis von Gödel

Alle paar Jahre entdecken die Medien den Gottesbeweis des Mathematikers Kurt Gödel: „Forscher beweisen Gottes Existenz am Computer„, „Mathematiker bestätigen Gottesbeweis„, „Gottesbeweis: Gott existert!„, „Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis„. Nach einigen Tagen stürmischen Feierns nimmt die Begeisterung dann aber stark ab und man lässt die Geschichte unauffällig fallen. Offenbar lassen sich die Journalisten in dieser Zeit erklären, was es sich mit dem automatischen Nachvollziehen von formaler Logik auf sich hat. Bis dann, ein paar Jahre später, die nächste Praktikantengeneration aufgeregt über Gödels Notizen stolpert.

Die Besonderheit von Gödels Ansatz liegt in der Formulierung des üblichen ontologischen Beweisversuchs in der von ihm entwickelten mathematischen Sprache der Modallogik (siehe Abbildung), die die Schritte des Arguments für Computerprogramme nachvollziehbar macht. Das Ganze ist offenbar beliebt als Aufgabe für Studenten, was Journalisten dann ab und an mitbekommen.

In seiner ganzen Pracht: Gödels Gottesbeweis (Quelle: heise.de)

Inhaltlich verreckt Gödels Argumentation schon bei Annahme A1: „Wenn man jede mögliche Eigenschaft gemeinsam mit ihrer Negation betrachtet, so ist genau eine von beiden positiv“. Was „positiv“ in diesem Kontext bedeuten soll, wird nicht erklärt. Nehmen wir das Eigenschaftspaar “Das Auto ist blau”/”Das Auto ist nicht blau”: Welche dieser Aussagen soll denn nun positiv sein, welche nicht? Was passiert, wenn das Paar „Das Auto ist gelb“/“Das Auto ist nicht gelb“ hinzu kommt? Wie löst man diesen Widerspruch auf? Und wenn sich schon solche einfachen Dinge nicht klären lassen, wie ist es dann mit dem Klassiker “Ich bin ein eifersüchtiger Gott”/”Ich bin kein eifersüchtiger Gott”? Da der Gott der Bibel sich selbst als eifersüchtig bezeichnet, muss das wohl die positive Eigenschaft sein. Oder doch irgendwie nicht? Lügt er? Ist Lügen deshalb eine positive Eigenschaft? – Ohne Klarstellung, was “positiv” in dem jeweiligen Rahmen bedeuten soll, bleibt die Festlegung willkürlich und ist daher wertlos.

Dazu kommt dann der übliche Fehler aller ontologischen Beweise, hier in D1: „Ein gottgleiches Wesen besitzt alle positiven Eigenschaften“, anderswo immer wieder formuliert als „Gott ist der höchste Gedanke“. Hier wird die versteckte Annahme der Existenz von Göttern in den Beweisgang eingebracht, begründet wird das nicht. Und, klar, wenn ich das Göttliche schon in die Argumentation einfüttere, kommt am Ende natürlich das Göttliche dabei heraus. Ein Zirkelschluss.

Die Frage eines klugen Kommentators zu einem anderen Post zeigt noch ein weiteres Problem der ontologischen Beweise auf: „Wie kann ein Wesen, das angeblich alle positiven Eigenschaften auf sich vereint, auch negative Eigenschaften hervorbringen? Da gibt es doch mindestens eine schlechte Eigenschaft, nämlich die, eine imperfekte und zuweilen grausame Welt geschaffen zu haben.“ Auch darauf haben Theisten keine Antwort, winken allenfalls lustlos mit dem „Gott hat den Menschen den freien Willen gegeben!!“-Fähnchen.

Was hat sich der Autor nur dabei gedacht?

Kurt Gödel war ein genialer Mathematiker, der seinen “Beweis” als mentales Manöver seiner Modallogik gesehen hat und nicht als ernsthaften theologischen Ansatz. Er wollte damit zeigen, so erinnern sich seine Freunde und Kollegen, dass man mit der von ihm geschaffenen Sprache der Logik durch geschickte Wahl der Annahmen so gut wie jede Behauptung beweisen kann.

Gödel hatte die Formulierung schon 1941 niedergeschrieben, dann aber 30 Jahre lang wohlweislich nicht publiziert. Er war ein guter Freund Albert Einsteins, der ja – obwohl er selbst kein Theist war – schon Zeit seines Lebens und trotz seiner Gegenwehr von Religionisten als Kronzeuge für die Existenz des Bibel-Gotts in Beschlag genommen wurde. Offenbar wollte Gödel verhindern, dass sein Name ähnlich missbraucht würde. Erst 1970, als Gödel wegen zunehmender Paranoia schon unter schweren Psychopharmaka stand, wurden seine Notizen veröffentlicht. Es ist schade, dass er bei vielen Leuten für dieses alberne Ding in Erinnerung bleibt.

Fazit: Auch Gödels Gottesbeweis scheitert. Während die formale Logik insofern korrekt ist, dass ein Computerprogramm sie nachvollziehen kann, lassen die im Beweis enthaltenen Annahmen arg zu wünschen übrig. Haltbar sind weder die Annahme, dass von allen Aussage/Negation-Paaren genau eins „positiv“ sein soll, noch die implizite Annahme, dass das Göttliche existiere und komplett „positiv“ besetzt sei. Diese Annahmen kann ein Computer aber nicht als falsch identifizieren, dazu fehlt ihm das Weltwissen.

22 Gedanken zu „Der Gottesbeweis von Gödel

  1. Es sind in der Tat einige nicht sehr erhellende und empfehlenswerte Artikel zum diesem Thema erschienen. In der Tat gilt, dass man sich schon ein wenig besser in die Materie einlesen sollte bevor man darüber schreibt (Buchtipp zum Thema für alle Interessierten: Jordan Sobel, Logic and Theism: Arguments For and Against Beliefs in God, 2009 — Darin gibt es fundierte Kritik am Beweis als in diesem Artikel hier.)

    Dieser Artikel hier gehört sicherlich zu den schlechtesten, die ich gesehen habe.

    Der/die AutorIn schreibt: „Inhaltlich verreckt Gödels Argumentation schon bei Annahme A1: „Wenn man jede mögliche Eigenschaft gemeinsam mit ihrer Negation betrachtet, so ist genau eine von beiden positiv”. Was “positiv” in diesem Kontext bedeuten soll, wird nicht erklärt. …“

    Es muss aber eben nicht näher erklärt werden, wass positiv bedeutet. Es genügt vollkommen A3 und A5 zu postulieren. Mehr braucht man nicht. Ausserdem gibt es moderne Varianten des Beweises (z.B. von Anderson, Hajek oder Bjordal), die Axiom A1 abschwächen und mit nur einer Richtung der Implikation auskommen. Ihr Einwand an dieser Stelle löst sich dann in warme Luft auf.

    Der/die AutorIn schreibt: „Dazu kommt dann der übliche Fehler aller ontologischen Beweise, hier in D1: “Ein gottgleiches Wesen besitzt alle positiven Eigenschaften”, anderswo immer wieder formuliert als “Gott ist der höchste Gedanke”. Hier wird die versteckte Annahme der Existenz von Göttern in den Beweisgang eingebracht, begründet wird das nicht.“‚

    Vielleicht schaut der Autor mal etwas genauer auf den abgedruckten Beweis und redete erst dann: In C wird doch die Möglichkeit Gottes hergeleitet? Ich glaube spätestens and dieser Stelle erübrigt sich das Weiterlesen …

    Like

    • Wenn ich Derailing, Name dropping und die Beschimpfung Ungläubiger in deinem Kommentar beiseite lasse, finde ich zwei Argumente:

      1. „Es muss aber eben nicht näher erklärt werden, wass positiv bedeutet. Es genügt vollkommen A3 und A5 zu postulieren. “

      Ohne eine Definition oder zumindest Erklärung der Begriffe „positiv“ und „nicht-positiv“ bleibt die Argumentation völlig inhaltsleer und willkürlich. Das Wortgebilde „positiv“ liesse sich dann genauso gut durch einen anderen nichtdefinierten Begriff wie z.B. „hurz“ ersetzen. Daraus würde dann laut Beweisgang folgen „Ein gottesgleiches Wesen besitzt alle hurzen Eigenschaften. “ Klingt nicht sehr überzeugend, oder? Hat aber exakt dieselbe Bedeutung – nämlich keine.

      Im Beweis wird darauf bewusst nicht eingegangen: Es wird mit der vagen Vorstellung des Lesers, was denn „positiv“ bedeute, gespielt. Durch eine Definition, also eine Verankerung der Begriffs in der Welt, würde nämlich klar, dass Voraussetzung A1 – wie oben beschrieben – ganz offensichtlich nicht stimmt.

      2. „Vielleicht schaut der Autor mal etwas genauer auf den abgedruckten Beweis und redete erst dann: In C wird doch die Möglichkeit Gottes hergeleitet?“

      Der Autor schaut: C ist ein Korollar, also eine „Zwischenerkenntnis“, die auf den Annahmen und D1 beruht. D1, also „Ein gottesgleiches Wesen besitzt alle positiven Eigenschaften“, ist der übliche Trick der ontologischen Argumente. Hier wird der erwünschte Schluss, nämlich „ein Gott existiert“ versteckt in den Beweis eingebracht, indem wieder mit der vagen Vorstellung der Leser gespielt wird, was denn so ein „Gott“ überhaupt sei. Deutlich klarer – und auch ehrlicher – wäre eine Formulierung „Gottesgleiche Wesen existieren. Sie besitzen alle positiven Eigenschaften.“ Dass darauf dann „Gott existiert“ folgt, ist wohl unmittelbar klar – und das, obwohl der zweite Satz auch wieder nur eine unbegründete Behauptung ist.

      Fazit: Auch hier nur Wiederholungen der immer selben Behauptungen, ohne irgendwelche Belege.

      Like

    • Mit ein wenig Ahnung von Modal-Logiken sieht man, dass die Prämisse A1 eine Variante vom Satz des ausgeschlossenen Dritten ist, welcher zwar mit dem Grundgerüst zweiwertiger Logiken verbunden ist, aber durchaus als anzweifelbar gilt. (vgl. z.B.: Kutschera, Franz von: Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten – Untersuchungen über die Grundlagen der Logik. Berlin (u.a) : de Gruyter, 1985.) Das Einzige, was mit diesem Beweis eindrucksvoll gezeigt wird ist leider der relativ begrenzte Anwendungsrahmen von Modallogiken.

      Like

  2. Danke für die einleuchtende Beschreibung. Ab und zu habe ich solche Berichte auch schon gesehen, und mich gefragt was wohl dahinter steckt. Jetzt weiss ich: nichts, wie üblich!

    Like

  3. Das ist nicht von mir,der Witz ist schon so alt da gab es das noch gar nicht. Es geht nur um
    die nackte Logik. Die Antwort lautet: Der Computer sagt die stehende Zeigeruhr stimmt zwei mal täglich, die andere nur einmal in ? Jahren (ich weiß die Zahl nicht)
    Ich möchte bei Glaubensfragen einfach auf menschliches Empfinden verweisen ohne dem es nun mal nicht geht.:-)
    Jelidi

    Like

  4. Den Gott den ich kennengelernt habe ist durch das Wort der Bibel bezeugt aber im eigenen Leben erfahrbar.
    Es ist eine geistige Angelegenheit die sich teilweise in dieser Realität finden lässt aber längst nicht immer wahrgenommen wird.
    Auch ich selber glaube nicht alle geistigen Manifestationen zu erkennen.
    Ich habe nur für mein Leben die grundsätzliche Entscheidung getroffen diese geistigen Impulse wahrnehmen zu wollen, die Umsetzung ist eine andere Sache die aber total erfüllend ist wenn man sie erkennt.

    jelidi

    Like

  5. [Klickbait entfernt]
    Definition 1: Ein Wesen ist göttlich, wenn es alle positiven Eigenschaften besitzt.
    Definition 2: Eine Eigenschaft eines Wesens heißt wesentlich, wenn alle weiteren Eigenschaften dieses Wesens daraus notwendig folgen.
    Definition 3: Ein Wesen existiert notwendig, wenn alle seine wesentlichen Eigenschaften notwendig sind.
    Axiom 1: Jede Eigenschaft ist entweder positiv oder nicht positiv.
    Axiom 2: Was notwendig eine positive Eigenschaft enthält, ist selber positiv.
    Theorem 1: Ist eine Eigenschaft positiv, so ist es möglich, dass es etwas gibt, das diese Eigenschaft besitzt.
    Axiom 3: Göttlichkeit ist eine positive Eigenschaft.
    Theorem 2: In einer möglichen Welt ist ein göttliches Wesen logisch möglich.
    Axiom 4: Jede positive Eigenschaft ist notwendig positiv.
    (Dies bedeutet, dass Notwendigkeit in der Positivität einer Eigenschaft enthalten ist. Somit ist Notwendigkeit selbst eine positive Eigenschaft.)
    Theorem 3: Wenn ein Wesen göttlich ist, dann ist seine Göttlichkeit eine wesentliche Eigenschaft.
    (Daraus folgt, dass es höchstens ein göttliches Wesen geben kann.)
    Axiom 5: Die Eigenschaft der notwendigen Existenz ist positiv.
    Theorem 4: Wenn die Existenz eines göttlichen Wesens logisch möglich ist, dann ist sie notwendig.
    (Da wir die logische Möglichkeit der Göttlichkeit bereits in Theorem 2 festgestellt haben, folgt nun, dass genau ein göttliches Wesen notwendig existiert.)
    Der Beweis ist logisch korrekt, wie jetzt ein Computer mithilfe zweier Informatiker geprüft hat.
    Bei Gödel sieht der Beweis in abstrakter Form so aus. Gödels Gott ist am Ende das G(x):
    http://blog.zeit.de/mathe/allgemein/gott-existenz-mathe/
    [Klickbait entfernt]

    MGEN- sie sind ein PARADETROLL!

    Like

    • Lieber Herr Brigic,

      ein falscher Beweis wird nicht dadurch richtiger, dass Sie ihn mit eigenen Worten nacherzählen (oder – wie in diesem Fall – aus dem Netz kopieren).

      Ebensowenig dadurch, dass Sie Ihren Hass auf Menschen äussern, die nicht Ihrer Meinung sind.

      Like

  6. MGEN-sie sind ein Troll! Dabei bleibe ich!
    Dieser Gottes-Beweis sagt nicht aus, dass Gott wirklich existiert, sondern nur, dass die Argumentation logisch einwandfrei, und wissenschaftlich bestätigt worden ist.

    Sie selbst sind nicht imstande, einen einzigen dieser Gottes-Beweise zu widerlegen, und trotzdem schreiben sie ihre Mantren munter weiter.
    Wenn man ihre Argumentation als unlogisch denunziert und widerlegt, dann drehen sie einfach durch und unterstellen mir Hass.
    Die Galerie urteilt und lacht sie aus!

    Like

    • Herr Brigic, entweder Sie haben den Artikel, den Sie hier kommentieren, nicht gelesen ober zumindest nicht verstanden. Wo genau ist die Argumentation den inkorrekt?

      Solange Sie dazu nichts sagen wollen/können, erübrigt sich wohl jede weitere Diskussion.

      Like

    • Eine Argumentationskette kann problemlos in sich logisch sein, ob es aber für sich wahr ist, das ist eine andere Frage. Gödel kann man unterstellen, dass er wusste, was er da logisch fabrizierte. Doch in der reinen Prädikatenlogik können wir nicht verharren, wenn wir über (angeblich) reale Existenzen spekulieren. Das Ergebnis dieses „Beweises“ ist schlicht (so in der Art hat es Gödel auch selbst formuliert), dass wir bei bestimmten Annahmen (Axiomen) die notwendige Existenz eines Phänomens ableiten können. Die „Fehler“ waren Gödel wohl bewusst, doch rein formalistisch gesehen (deswegen auch mit Computern bewiesen) ist der Beweis schlüssig. Dass er dennoch nicht taugt, einen Gott zu beweisen, liegt auf der Hand: z.B. bei der Annahme A5, Existenz sei eine Eigenschaft hat Gödel einen Stolperhaken eingesetzt. Existenz ist genau genommen keine Eigenschaft. Folgendermaßen formuliert würde es auffallen: „es existiert ein A mit der Eigenschaft der Existenz.“ Auch die Annahme, man wisse was „positive“ Eigenschaften sind, kann man natürlich so nicht stehen lassen.
      Der Versuch, Gödel als Theisten zu instrumentalisieren, deutet nur auf eins hin: auf die Existenz von Trollen wie Jure Brigic.

      Like

  7. Pingback: Zwischenstand bei den Gottesbeweisen: 0 – 20 | Man Glaubt Es Nicht!

  8. Pingback: 35 Gottesbeweise geprüft: Alle falsch! | Man Glaubt Es Nicht!

  9. Pingback: Gottesbeweise | Religion und Gesellschaft

Hinterlasse eine Antwort zu Jure Brigic Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..