„Aber …. Was, denn du falsch liegst?“ – Warum Pascal seine Wette verliert

Outet man sich auf einer Party als Atheist, bekommt man mit absoluter Sicherheit eines der folgenden Argumente zu hören:

  • „Du bist Atheist? Dann bist du genau wie Hitler!“ und
  • „Aber …. Was, denn du falsch liegst?“

Zur Reductio ad Hitlerum haben wir schon anderswo etwas geschrieben (das Argument ist falsch, Hitler war Katholik und hat stets für sich in Anspruch genommen Gottes Werk zu tun), daher beschäftigen wir uns heute etwas mit dem zweiten Fall.

Die Frage ist natürlich eine etwas gequetschte Form der Pascalschen Wette. Der französische Mathematiker Blaise Pascal (1623-1662) ging davon aus, dass einem zwei Optionen offen stehen: Entweder man glaubt an den Gott oder eben nicht. Sollte es den Gott geben, und man glaubt an ihn, ist einem ein unendliches Leben im Himmel beschert. Sollte es den Gott geben, und man glaubt nicht an ihn, wird er stinkwütend und verdammt einen zu ewigen Folterqualen in der Hölle. Falls es keinen Gott gibt, bringt der Glauben einem nichts, schadet aber auch nicht. Nun argumentiert Pascal, dass man sich aus rationalen Gründen dafür entscheiden sollte an den Gott zu glauben, weil man so – Existenz hin oder her – keine Strafe riskiert und vielleicht sogar unendlich belohnt wird.

Ist euer Gott etwas doof? – Lässt er sich so leicht herein legen?

Die eine oder andere Form dieses Arguments bekommen Atheisten zu hören, seit die christliche Lehre im vierten Jahrhundert zur politischen Stabilisierung des römischen Reiches zusammen gestoppelt wurde. Seitdem ist es leider auch nicht sinnvoller geworden, verblüfft mit ihrer Scheinlogik allerdings ab und an noch arglose Personen.

Es gibt eine ganze Reihe von Gegenargumenten:

  • Wieso sollte der Gott nur und ausschließlich blinden Glauben verlangen, nicht aber deutlich sinnvollere Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Neugier, eine kritische Weltsicht oder Toleranz? – Aus Sicht des Christentums ist all das vernachlässigbar, entscheidend für Wohl und Wehe ist nur blinde Gläubigkeit – Wieso?
  • Woher nimmt die oder der Fragende die Sicherheit, dass die Drohungen „ewige Glücksseligkeit“ und „ewige Höllenfolter“ real und die einzigen Optionen sind? – Die jüdische Tradition z.B. bleibt hier relativ vage und sagt lediglich, dass man nach dem Tod „bei den Ahnen schläft“.
  • Pascal geht davon aus, dass man rational beschließen könne, etwas zu glauben oder eben nicht zu glauben. Aber ist das so? Lässt sich der blinden Glauben fordernde Gott auf diese Weise hereinlegen?
  • Weiter geht er davon aus, dass Glauben kostenfrei sei. Das stimmt aber sicher nicht: Der Glaube an die christlichen Dogmen wie die ständige Aufsicht und Bewertung durch den Gott und seine Priester, und die bei Fehlern drohende, ewige Höllenfolter führt ja nicht eben dazu, dass man ein angstfreies und unbeschwertes Leben führen kann.

Lord Krishna ist sauer!

Das wichtigste Argument ist jedoch die Gegenfrage „Und was, wenn du falsch liegst? – Was, wenn du nach einem Leben voller Kratzbuckelei vor Jahwe im Jenseits aufwachst, und Lord Krishna ist richtig sauer auf dich?“

Oder Balor, Odin, Ahriman, Zeus, Osiris, Inti, Padmapani oder Chu Jung? Was also, wenn die anderen Religionen Recht haben? – Anhänger des Christentums sind auch Atheisten, denn sie glauben explizit nur an Jahwe, nicht an die anderen ca. 3.000 bedeutenderen Gottheiten, die von den Menschen nach ihrem Ebenbild erschaffen wurden. Was wird aus Pascals Rechnung, wenn diese Religionen mit aufgenommen werden? Die eben noch so einfache Ja/Nein-Frage „Gott oder nicht Gott“ wird plötzlich zur Auswahl aus tausenden von möglichen Göttern. Und selbst, wenn es Jahwe und das Christentum seien soll: Von den geschätzten 10.000 verschiedenen Richtungen und Konfessionen des Christentums behauptet fast jede, sie sei die einzig von Jahwe unterstützte, die jeweils anderen seien alle auf gefährlichen Irrwegen.

18 Gedanken zu „„Aber …. Was, denn du falsch liegst?“ – Warum Pascal seine Wette verliert

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  3. Nicht zu vergessen die weitere Alternative:
    a) Es gibt diesen hypothetischen ‚creator of everything‘ tatsächlich UND …
    b) … man hat sich sogar den richtigen (z.B. ‚Mr. Monotheos‘) ausgesucht, ABER …
    c) … hat dessen Intention hinter den herabgesandten heiligen Schwarten völlig falsch interpretiert.

    Womöglich hat der hypothetische ’skydaddy‘ diese Märchen nur als praktikablen und verlässlichen Intelligenztest in die Welt gesetzt:
    Wer an den Blödsinn glaubt, darf später im ‚Paradies‘ die Toiletten putzen, während ER sich mit den Nichtgläubigen beim Single-Malt an der Bar vergnügt.
    Dass der Typ neben seinen ganzen anderen Macken auch noch all-masochistisch ist und sich eine komplette Ewigkeit mit Spinnern umgeben will, halte ich für unwahrscheinlich.
    (Ausserdem gibt´s für diese These starke Belege: Immerhin hat ER sich ja zumindest im Koran (z.B. Sure 3:54) schon mal verplappert und zugegeben, dass ER ‚der größte Listenschmied‘ ist.)
    >;->

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  4. Ich füge noch immer gerne an, dass, wenn er allgütig, allmächtig und allwissend ist, er mir armem Sünder meinen Unglauben vergeben muss, er sozusagen per Institution nicht das Recht hat mich zu bestrafen, da er mich ja als Zweifler geschaffen hat. Sollte mir hier ein logischer Irrtum unterlaufen sein, so bitte ich um Korrektur!

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    • Wuerde ein allgütiger Gott überhaupt jemanden in der Hölle schmoren lassen?
      Wenn ich mich mündlich zu Jahwe bekennen würde, aber nicht wirklich überzeugt bin, würde ein allwissender Gott das nicht durchschauen?

      (Logisch gesehen mag ich ja den AAA-Gott. Aus falschen/widersprüchlichen Aussagen kann man ja alles folgern…)

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  5. Oder, wie Philipp Möller letztens das pascalsche Wettangebot konterte (sinngemäß): Und wenn Gott vielleicht ne schwarze Transe ist, habe ich wohl die besseren Karten. 🙂

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  7. Kommt ein Jude in den Himmel: „Ich hab gut gelebt, aber eins ist mir peinlich … mein Sohn hat sich taufen lassen“ Gott: „Ach lass mal, meiner auch“ „Oh Schreck. Und was hast Du gemacht?“ „Ein neues Testament“

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  8. Was ich mich bei Pascals Spieltheorie frage ist, sollte man sie nicht mit dem nötigen Humor verstehen?
    War er wirklich dieser Ansicht?
    Dieser Mann war kein Dödel und die angeführte Durchschaubarkeit sofern Gott real wäre war ihm sicher bekannt.
    Also gehe ich davon aus dass es eine feine Art der Satire ist, man muss halt schon selbst draufkomen.
    Was immer die beste Art ist jemanden zum nachdenken zu bringen, der eigene aha Moment.
    Ich kann ja faseln was ich will aber nur wenn es mir selbst plausibel erscheint werde ich es akzeptieren.
    Methoden welche weder den Verfassern der hlg. Schrift, Ron Hubbard noch manchem anderen Rattenfänger unbekannt waren (sind).
    Es war auch die Methode einer britischen „Hexe“ welche eine Menge junger Mädchen vor dem Fehler bewahrte sich der damals Populären Hexenzirkel anzuschliessen.
    Man kann dieses Werkzeug wie jedes andere auch für oder gegen die Menschen einsetzen.

    Ich versuchs nochmal andersrum, Omar Khayyam war Astronom und Mathematiker im 11/12Jh (unserer Zeitrechnung) er konnte mit dem Glauben nichts anfangen und fand „die Spinnen“.
    Hat er irgendetwas erreicht ausser das er aus dem Gedächtnis der Muslime gestrichen wurde?
    (ja OK, mitte 19Jhd. waren seine Gedichte im Zuge der Oriental-romantik (ich nenne das mal so)
    recht beliebt in GB).
    Lalande, auch Astronom und Mathematikus, Schwerenöter und zwerg Nase hat ein Werk namens „Lexikon des Atheismus“ verfasst – es existiert nicht mehr!
    Was hat er erreicht (in diesem Feld, nicht als Astronom) und was hat er mit seiner Überheblichkeit als Adelsabkömmling erreicht?
    Nichts.

    Pascals Spieltheorie und er selbst leben aber immer noch in unseren Köpfen.
    So hat er wahrscheinlich wesentlich mehr Menschen zum Nachdenken bewegt als der Dichter/Astronom Omar Khayyam oder Lalande mit seinem Schriftwerk.

    „your doomed – trapped!“
    Dieses Spielen mit den Möglichkeiten gefällt mir.
    Es ist erlaubt die Menschen „einzuseifen“, vorallem wenn das Ziel ist ihnen dadurch die Augen etwas zu öffnen.

    Ich bin somit nicht verbittert über meine Zeit als religiöser Fanatiker noch hege ich groll gegen die Prediger, denn ohne diese Episode in meinem Leben würde ich nicht diese Worte schreiben und ich könnte mit niemandem meine Erfahrungen diesbezüglich teilen.
    Denn letztendlich haben sie mich vor einem grossen Fehler bewahrt, auch wenn dies nicht ihr erklärtes Ziel war.

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  9. Noch was zum schmoren in der Hölle, es wird niemand schmoren…
    ausser meiner Wenigkeit und ein paar wenigen anderen,
    ehrlich ich muss es ja wissen als abgefallener Priester.
    Jene sind die einzigen welche sich wirklich an Gott vegangen haben,
    einmal berufen und haben sich gegen ihn gewendet, das ist das einzige wirkliche Verbrechen.
    (Wieso jagt mir das keinen Schrecken ein?)
    Ihr seid bloss arme Sünder euch wird Vergebung zuteil egal was ihr denkt, sagt oder tut.
    Tja, war nix mit Spielchen in der Hölle mit dem alten Schwerenöter, solches bleibt mir vorbehalten.
    Ich freu mich auch schon, hoffentlich hält er eine Pfeife mit gutem Shit für mich bereit.

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  12. Hallo, ich habe dieses Video angesehen und sehe da einige Gesprächsansätze durch Missverständnisse und falsche Ansätze in den Voraussetzungen mit falschen Folgerungen verdeutlicht.

    Kann sich ein Atheist zu diesem Video stellen?

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    • Dieses Video erklärt in ruhigem sachlichen Tonfall, wo die Schwächen der Pascal’schen Wette liegen. Und er erklärt sehr nachvollziehbar, wie unsere Wette mit den Göttern aussehen sollte, wenn wir ein gutes Leben führen wollen.

      Die Hauptschwäche bei Pascal – auch das wird im Video gut erklärt – ist eben die Negierung des irdischen (also einzigen) Lebens. Selbst wenn es höchstunwahrscheinlich ein Leben nach dem Tod geben sollte, haben wir unbestreitbar ein irdisches Leben, dem gegenüber wir auch verantwortlich sind.

      Pascal ist mit nur 39 Jahren gestorben, weil er zeitlebens kränkelte und asketisch lebte. Natürlich wird er in dieser Zeit Angst vor dem gehabt haben, was nach dem Tod kommt. Und da er christlich indoktriniert war, kam für ihn nur der Christengott als Adressat seiner „Seele“ infrage. Er ging nie davon aus, auf Zeus, Wotan oder Allah zu treffen – sonst hätte er seine Wette anders formuliert…

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  13. @dongamillo,

    Spannende Seite? Das träumst du wohl!
    Der Urheber der Seite kann ja durchaus ein netter Mensch sein, mindestens ist er aber ein kleiner Spinner, der allen möglichen Unsinn glaubt und der viel zu naiv ist, wichtige Dinge zu hinterfragen.

    Er leugnet Evolution (mit den altbekannten, total dämlichen „Argumenten“), glaubt an „Prophezeiungen“, ohne im mindesten informiert zu sein, wie folgendes Beispiel zeigt:

    „AT-Micha 5, 1 Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist NT-Matthäus 2, 1 Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes,“
    Zu dumm zum Lesen, denn Micha spricht von jemandem, der „in Israel Herr sei“, also KANN Jesus gar nicht gemeint sein und kein halbwegs informierter Theologe geht heute noch davon aus, dass Jesus in Bethlehem geboren wurde.

    Wenn er also zu diesen zwei Punkten schon Schwachsinn redet, halte ich es für total überflüssig, sich auch noch damit zu beschäftigen, was er über Pascal und dessen Wette zu sagen haben mag, denn er dürfte kaum noch Neues dazu zu bringen in der Lage sein. Zumal ich in meinem letzten Kommentar Pascals Wette ja schon erschöpfend behandelt habe. Pascal hat sicher Großes geleistet auf dem Gebiet der Mathematik und vielleicht sogar Philosophie. Auf dem Gebiet Religion war er dagegen eine Niete, was durch seine Wette ausreichend belegt ist. 🙂

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